SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Ich habe es jetzt einige Male miterlebt, wie es ist, wenn Kolleginnen oder Kollegen in den Ruhestand gehen. Aufregend ist vor allem die Zeit, wenn sich der Abschiedstermin nähert. Für die einen ist das ein Ziel, auf das sie sich freuen. Sie nehmen sich schon viele Dinge vor: endlich Reisen unternehmen. Oder sie freuen sich, weil sie mehr Zeit für die Familie haben. Für sie ist der Gedanke, von Pflichten und Termin befreit zu sein, etwas Großartiges. Aber dann gibt es auch die, denen das Aufhören sehr schwer fällt. Wenn sie zum Beispiel mitbekommen, wer ihre Nachfolge antreten wird, haben sie das Gefühl, dass man sie schnell ersetzen kann. Dass sie austauschbar sind. Besonders schwer wird das, wenn sie dann noch mitansehen müssen, dass ihre Nachfolger manches anders machen, vielleicht sogar Dinge verändern, für die sie selbst lange gekämpft haben.

Der Ruhestand ist immer ein Abschieds- und Trauerprozess: Etwas Gewohntes geht, etwas Neues kommt, das ich noch nicht absehen kann. Es gibt eine ganz schön breite Palette an Möglichkeiten, wie dieser Übergang in den Ruhestand gestaltet werden kann. Eines wird mir dabei immer deutlicher: Dass ich nicht vorhersagen kann, wie das bei mir mal sein wird. Ob ich mich dann freue, weil ich keine Verpflichtungen mehr habe, oder ob ich über den Abschied trauern werde. Vielleicht habe ich gar nicht die Wahl. Ich weiß nur: Mir ist es lieber, wenn ich einen Einfluss darauf habe, wenn es bei mir so weit ist.

Ich stelle mir jetzt schon manchmal vor, wie es sein könnte. Dazu vergleiche ich das In-Pension-Gehen mit dem Urlaub oder mit Zeiten, in denen ich krank bin und nicht arbeite. Dann merke ich, wie seltsam es sein kann, wenn mein Leben anders ist als sonst. Vielleicht schön, weil ich mich freier fühle, ohne Verpflichtungen und ohne das Korsett meiner Termine. Aber vielleicht fehlt mir auch etwas, was meinem Leben jetzt Sinn gibt. Oder mir fehlen einfach die Leute, mit denen ich viel zu tun habe.

Ich kann mir vorstellen, dass ich eine Mischung versuche: Dass ich genieße, dass ich freier bin und mir niemand was vorschreiben kann. Und dass ich mir gleichzeitig eine Aufgabe suche; Vielleicht engagiere ich mich in einem Verein. Nachhilfe für Kinder, deren Eltern sich das nicht leisten können zum Beispiel. Wie gesagt, ich habe ja noch ein bisschen Zeit. Aber ich bereite mich vor, damit ich es einmal steuern kann, wenn es soweit ist. Und meine Mischung habe ich jetzt schon im Blick: engagiert und frei.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20542
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