Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Vertraut den neuen Wegen! Heißt es in einem Kirchenlied. Ich hab es immer gern gesungen. Ich weiß ja oft nicht, ob der Weg, den ich grade eingeschlagen hab, der richtige ist. Auch nach langem Grübeln nicht. Dann bleibt nur, einfach loslaufen und Vertrauen haben. 

Und so ähnlich geht es mir jetzt. In dieser Woche sind wieder Tausende von Flüchtlingen in Deutschland angekommen. Mit nichts als ihren Kleidern auf dem Leib. Ich sehe die übermüdeten Gesichter, den erwachsenen Blick von kleinen Kindern und höre ihre Fluchtgeschichten, die kaum auszuhalten sind und ans Herz gehen. Viele folgen der Stimme ihres Herzens. Verteilen Wasserflaschen, Windeln und Ohrstöpsel an die Flüchtlinge, damit die mal ruhig schlafen können. Ich sehe diese unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft in unserem Land und denke: das sind neue Wege. Natürlich haben wir schon Flüchtlingsströme bei uns aufgenommen, zuletzt die von der DDR. Aber diesmal sind es Menschen aus der arabischen Kultur und es sind mehrheitlich Muslime. 

Vertraut den neuen Wegen! Heißt es in dem Lied. Neue Wege machen erst mal Angst, weil man sie nicht kennt. Das war in der Zeit der Wende auch schon so. Noch nie hat ein Volk mit Kerzen und Gebeten eine Revolution erfolgreich zu Ende geführt. Aber wir haben es geschafft. 

Heute ist die Herausforderung eine andere. Aber der Weg ist derselbe. Es ist der Weg der Gewaltlosigkeit. Vielleicht auch mit Kerzen und Gebeten und mit ganz viel praktischer Unterstützung und Solidarität. Offene Türen und offene Herzen für die, die anders sind als wir. 

Ob wir das schaffen? In dem Lied heißt es: Vertraut den neuen Wegen, auf die der Herr uns weist. Der Herr, der da gemeint ist, Jesus Christus, würde hier wohl sagen: Was ihr einem von diesen geringsten Flüchtlingen getan habt, das habt ihr mir getan. Wenn ihr den Geringsten helft, dann bin ich mitten unter euch. 

Viele würden ihr Engagement für die Flüchtlinge gar nicht mit Jesus in Verbindung bringen. Sie würden eher sagen: Es ist anstrengend, aber es tut gut. Und es macht Sinn. Ich bekomme so viel geschenkt. Zum Beispiel ein Gespür für das Glück, im Frieden leben zu dürfen. Davon will ich etwas weitergeben. Ich glaube, wir haben guten Grund, den neuen Wegen zu vertrauen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20533
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