SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Ein Tag in Heidelberg. Ich steige in die Straßenbahn und weil alles voll ist, lehne ich mich an eine Tür. Ziemlich schnell steigt mir ein stechender Geruch in die Nase. Ich dreh mich um und hinter mir sitzt ein total dreckiger, übel riechender Mann mit Bierflasche. Na prima, denke ich. Ich würde am liebsten weggehen.

Im nächsten Augenblick hab ich ein schlechtes Gewissen. Aber ich halte den Gestank fast nicht aus.

Am Bismarckplatz steht der Mann auf. Er will aussteigen. Unsere Blicke treffen sich und ich grinse. Er lächelt zurück und fragt: „Stehst Du auf Kunst?“ Ich antworte ehrlich: „Ist nicht mein erstes Interesse“. Er darauf: „Warte mal, ich hab was für Dich. Halt mal.“ Damit drückt er mir seine Bierflasche in die Hand. Leicht angeekelt halte ich die Flasche während er umständlich in seiner Ledertasche kramt. Dann zieht er ein selbstgemaltes Bild in Postkartenformat raus und gibt es mir. Bunte Dreiecke in Aquarelltechnik.

„Hier, für Dich.“ Jetzt bin ich platt und kann nur noch sagen: „Danke, das freut mich echt.“ Darauf sagt er noch schnell „Mich auch.“, gibt mir die Hand, nimmt seine Bierflasche und steigt in letzter Sekunde aus.

Ich bleibe zurück: verdattert und auch ein bisschen benebelt vom Geruch.

Der Mann hat´s mir und meinen Vorurteilen richtig gezeigt. Allerdings auf sehr sympathische Weise. Vor allem hat er mir aber eine echte Freude gemacht.

 

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