Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Kein Sonntagsgottesdienst ohne Glaubensbekenntnis. Im Credo spricht die Gemeinde das aus, was zum Kernbestand der eigenen Religion gehört. Ich stelle mir manchmal vor, was ein Fremder damit anfangen könnte. Jemand, der vom Christentum keine Ahnung hat und nun erfahren will, was die Gläubigen von dem Mann bekennen, nach dem sie sich Christen nennen, also von Jesus Christus.
Konkret erfährt er über Jesus folgendes: „...geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben.“ Wohlgemerkt, es geht hier um den Menschen Jesus von Nazareth, die historische Persönlichkeit.
„Geboren, gekreuzigt, gestorben, begraben.“ War das alles? Nichts wird im Credo berichtet von dem, was die Menschen damals an Jesus faszinierte oder was sie auch als verstörend oder anstößig empfanden!
Keine Information zu seiner Botschaft, der Zusage der Nähe Gottes, gerade für die Außenseiter der Gesellschaft. Und die Nächstenliebe? Fehlanzeige. Auch die Bergpredigt kommt nicht vor. Kein Wort über die vielen Menschen, die Jesus geheilt hat. Seine Jüngerinnen und Jünger bleiben im Dunkel. Es scheint so, als habe zwischen Geburt und Tod nichts stattgefunden.
Wer sich für Jesus von Nazareth interessiert, wird im Glaubensbekenntnis nicht fündig. Dem neugierigen Fremden müsste man schon ein Evangelium in die Hand geben, damit er sich ein Bild von Jesus machen könnte.
Das Credo der Kirche entstand maßgeblich im 4. Jahrhundert und spiegelt damit auch die Fragen wider, die die Christen damals bewegten. Heute würde ein Glaubensbekenntnis sicher anders ausfallen. Deshalb ist es reizvoll und lohnend, wenn Christen in der Sprache und Denkweise von heute das in Worte fassen, was sie im Innersten bewegt. Gemeinden, die das versuchen, erleben, wie die Menschen ganz neu wieder miteinander ins Gespräch kommen. Plötzlich ist das Credo mehr als eine Formelsammlung. Der Glaube wird wieder lebendig.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20480
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