SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Himbeermarmelade – an die denke ich, wenn ich den Vers aus der Bibel höre: „schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist“.[1] Vor allem an die Himbeermarmelade meiner Oma.
Tagelang haben meine Großeltern Himbeeren, Brombeeren und Stachelbeeren gepflückt und jeden Abend um diese Zeit wurde eingekocht. Zucker und Beeren eins zu eins. Sprudelnd aufkochen und dann langsam kalt rühren, bis der Schaum verschwunden war. Nur so wurde am Ende der Aufkleber mit „Himbeeren-rein“ verliehen. Ein reiner Himbeergenuss.
Da konnte man wirklich schmecken und sehen – und ich würde noch ergänzen riechen, wie freundlich Gott zu uns ist.
Denn ich finde, dass er uns mit so herrlichen Früchten beschenkt, ist doch ein schönes Zeichen seiner Freundlichkeit! Überhaupt, dass bei uns so viele leckere Gemüse- und Getreidesorten wachsen. Im Garten und auf den Feldern. Das ist nicht unser eigener Verdienst. Wir können zwar viel dafür tun: Säen und hacken, gießen und düngen. Aber dass dann wirklich alles wächst und wir ernten können. Dass Sonne und Regen, Hitze und Kälte sich abwechseln und Früchte dadurch wachsen und reifen können – das hat für mich auch mit Gottes Freundlichkeit zu tun.
Manchmal muss ich mir das neu klar machen, dass das Gottes Freundlichkeit ist. Weil es ja eigentlich zu jeder Jahreszeit Schalen voll mit Früchten im Laden zu kaufen gibt. Und ich dafür bezahlen kann. Gott sei Dank! Denn auch das ist Gottes Freundlichkeit, von der ich lebe.
Gott zeigt sie mir jeden Tag neu. Beim ersten Blinzeln am Morgen wartet sie schon auf mich. Bei meinem ersten Schluck Kaffee strömt sie in mich. Und mit dem letzten Licht des Tages begleitet sie mich in den Schlaf. Jeder Tag ist ein neuer Tag voll mit Gottes Freundlichkeit, die ich schmecken, sehen und riechen kann.
Und wenn ich mich selber ab und zu daran erinnere, dann kann ich mein Leben ein bisschen bewusster Leben. Glaube ich. Weil ich begreife, das das alles nicht so selbstverständlich ist. Dass es jemand gut mit mir meint. Dass ich für jemanden ganz wichtig bin.
Ein Gefühl wie damals, als mir meine Oma dann ein Glas mit Himbeermarmelade geschenkt hat. Mit dem wichtigen Aufkleber „Himbeeren-rein“.


[1] Psalm 34,9.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20423
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