SWR2 Wort zum Tag

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„Auf die Stimme Gottes hören“, und: „Sich kein Bild von Gott machen“. Diese Aufforderungen finden wir im Alten Testament immer wieder. Als Gott die Israeliten „aus Ägypten, dem glühenden Schmelzofen, herausgeholt“ und sie „zu seinem eigenen Volk gemacht“ hat – so heißt es im Buch Deuteronomium (Dtn 4,20) – da hörten sie am Fuß des Berges Horeb Gottes Stimme; sahen aber keinerlei Gestalt von ihm. „Auf Gottes Stimme hören“, „sich kein Bild von Gott machen“, so lautet seither das Gesetz. Wer nicht auf Gottes Stimme hört, wer sich eigene Bilder von Gott macht, fällt von Gott ab und verliert die geschenkte Freiheit. So das Alte Testament.
Auch für Christen ist dieses Gesetz nicht außer Kraft gesetzt. Es gilt in neuer Weise. Auch wenn zum Kern ihrer Glaubenserfahrung gehört, dass Gott nicht nur in Worten durch die Propheten gesprochen hatte, sondern dass er im Schoß einer Frau Fleisch und Blut, Leib, Körper, Mensch geworden war. Jesus war für sie nicht einfach der letzte Prophet, der Gott in Worten verkörpert hatte, sondern ein Mensch, der Gott war im Fleisch. Als dieser – sagen sie – war er das Ebenbild Gottes. „Wir haben mit unseren eigenen Augen geschaut und mit unseren Händen das Leben betastet, das beim Vater war, das uns enthüllt und sichtbar geworden ist“, so die Johannesbriefe im Neuen Testament.
Für diejenigen, die mit ihm gelebt haben, ist Jesus das sichtbare und berührbare Bild des unsichtbaren Gottes. Das heißt: Jesus verstellt Gott nicht, indem er selbst an die Stelle Gottes rückt. Sondern Jesus ist ein Bild, das diejenigen, die es betrachten, gerade nicht festhält, sondern sie unweigerlich weiterleitet, hindurchführt, zur Wirklichkeit des unsichtbaren Gottes. Wie eine offen stehende Tür, durch die hindurch alle Anteil an der Wirklichkeit bekommen können, zu der hin diese Tür sich öffnet.
Als lebendiges, Fleisch gewordenes Wort des unsichtbaren Gottes ist Jesus zugleich ein Bild von Gott, durch das wir Zutritt zu seinem Geheimnis bekommen.

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