SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

An manchen Tagen sammelt sich bis zum Abend viel Ballast an. Dann spüre ich regelrecht, wie mich die Menge an Aufgaben, an Sorgen und Fragen niederdrückt. Es ist viel, was mir begegnet. Und es kommt vor, dass es mir zu viel wird. Dann ist es gut zu wissen, wie ich damit umgehen kann, bevor ich schlafen gehe. Damit ich die Last nicht ungeprüft mit mir herum schleppe. Sondern einiges davon loslassen kann.

Aus der alten Tradition der Klöster kommt die Übung der Gewissenserforschung. Das ist eine Art Tagesrückblick, bei dem man noch einmal durchgeht, was im Lauf der Stunden so alles passiert ist. Besonders wichtig sind die Erfahrungen, die einen belasten. Weil die mich weiter beschäftigen und ich sie normalerweise nicht einfach so vergessen kann. Zum Beispiel wenn ich mich heftig mit jemandem gestritten habe. Oder wenn ich gemerkt habe, wie ich einem anderen das Leben schwer mache. Mir hilft meistens schon, wenn ich verstehe, was da geschehen ist. Sobald ich merke, dass es mir leid tut, ist es nicht mehr weit, bis zum nächsten Schritt: Ich kann versuchen mich zu entschuldigen. Und ich bitte Gott darum, dass er mithilft, wo meine Möglichkeiten begrenzt sind. 

Im Laufe der Jahre habe ich mir dafür ein Gebet angewöhnt. Es stammt aus der Spiritualität des Heiligen Ignatius von Loyola. Er hat im 16. Jh. einen Orden gegründet, die Jesuiten. Sie sind berühmt geworden für ihre Klugheit, mit der sie unterscheiden können: zwischen wichtig und unwichtig, zwischen falsch und richtig. Und das muss man eben auch üben und lernen, wenn man seine Seele vor unnötigem Druck bewahren will. Zum Beispiel am Ende eines Tages.

Mein Gebet zum Tagesrückblick geht ungefähr so: 

Gott. Du bist da. Du hast mich geschaffen.

Du kennst mich und rufst mich beim Namen.

Alles hast du mir geschenkt: die Welt, die Menschen, mich selbst.

 

Gott, ich bitte dich: Hilf mir, den Tag heute in deinem Licht anzuschauen.

Damit ich sehe, was wirklich war. Damit ich mir und den Ereignissen ehrlich begegne.

 

Ich schaue auf den Tag zurück – der Reihe nach, die einzelnen Ereignisse.

Ich erinnere mich an Gedanken und Gefühle, an das, was mich bewegt hat.

Ich suche nach etwas, mit dem du, Gott, mir etwas Besonderes gezeigt hast.

 

Gott. Ich stelle mich mit dem allem vor dich hin.

Ich danke dir. Ich klage vor dir. Ich bitte dich um Vergebung, und um die Kraft zur Versöhnung.

 

Und Gott ... ich schaue voraus auf den nächsten Tag. Bitte gib mir Kraft und Mut.

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