SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Die schönsten Geschichten schreibt das Leben. Und mir ist neulich so eine passiert. Ich war auf dem Weg nach Hause. Im Auto, ohne Eile, am Abend. Auf einmal winkt jemand vom Straßenrand und fordert mich auf anzuhalten. So kurz vor dem Ziel am Feierabend passt mir das nicht sonderlich ins Konzept. Aus dem Augenwinkel nehme ich wahr, dass andere Passanten damit beschäftigt sind, unter der Motorhaube eines Autos zu hantieren, das am Straßenrand steht. Na, da bin ich ja genau der Richtige, denke ich mir, wo ich doch so technisch begabt bin. Aber klar, ich setze den Blinker und fahre rechts ran. Die erste Überraschung: Die Person, die mich zum Halten bewegt hat, kenne ich, und sie mich. Wir haben gelegentlich im Studio beim SWR miteinander zu tun. Sie schildert mir kurz das Problem: Älteres Ehepaar. Hat beim Parken das Licht brennen lassen. Jetzt ist die Batterie leer und der Wagen springt nicht mehr an. Ob ich Starthilfe leiste. Wollen schon. Aber können. Wo war nochmals die Batterie? Ich meine zuletzt sei sie hinten gewesen. Und das Überbrückungskabel? Irgendwo beim Ersatzraum im Kofferraum unter der Hundebox. Die muss als erstes raus. Gut. Dann die nächsten Unklarheiten: Welches Kabel muss an welchen Pol? Und zuerst an mein Auto, oder an das, welches gestartet werden soll? Wird mit dem Pluspol angefangen oder umgekehrt? Ich merke wieder mal, von so was hab ich keine Ahnung. Jetzt nur nichts falsch machen. Nicht dass noch jemand zu schaden kommt. Die alten Leute sind skeptisch bis ängstlich. Wir Helfer sind inzwischen zu viert, stecken die Köpfe zusammen – und können uns nicht einigen, wie’s geht. Da nähert sich ein junges Pärchen. Nein, technisch seien sie auch nicht versiert, aber so was könne man ja im Internet rauskriegen. Der junge Mann zückt sein Smartphone und findet schnell die Antworten, die wir brauchen. Heldenhaft schnappt sich meine SWR-Bekannte die Klemmen der Kabel und schließt sie an die beiden Batterien an. Und siehe da, es klappt auf Anhieb. Der Wagen läuft. Die Gesichter der beiden Alten hellen sich auf. 

Sechs Leute haben da zusammen geholfen, obwohl das im Idealfall auch einer hätte allein schaffen können. Aber was allen so gut getan hat, war ja gerade, dass viele sich haben in die Pflicht nehmen lassen, auch solche, die sich vorher noch nie begegnet sind. Jeder hat beigetragen, was er konnte. Davon wird gerade in der Kirche oft gesprochen. Hier ist passiert, ohne Theorie, ganz von allein. Mir macht das Mut, dass es auch an ganz anderen Stellen genau so funktionieren kann.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20327
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