SWR3 Gedanken

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Heute vor siebzig Jahren explodierte in der japanischen Hafenstadt Hiroshima die erste Kernwaffe im Kriegseinsatz. Über hunderttausend Menschen fanden sofort den Tod, bis heute leiden Menschen an den Spätfolgen der Verstrahlung. Die Überlebenden sind traumatisiert. Wie zum Beispiel Hideto Sotobayashi.
Der war damals 16 Jahre alt und saß im Chemieunterricht, als es so hell blitzte, als habe jemand eine Lampe eingeschaltet. Es donnert, das Gebäude stürzt ein, Hideto kann sich ins Freie retten. Er irrt durch die zerstörte Stadt, findet seinen Vater, gemeinsam suchen sie nach der Mutter. Grauenvolle Bilder begleiten ihren Weg, grauenvolle Bilder quälen Hideto Sotobayashi ein Leben lang in der Nacht.
Sie finden die Mutter, scheinbar unverletzt. Aber drei Tage später stirbt sie mit 35 Jahren. Das ist der Tag, als die zweite Atombombe die Stadt Nagasaki zerstört. Hideto lebt weiter, wird Professor für Physikalische Chemie. Wissenschaftlich kann er bald die Bombe erklären, menschlich bleibt sie für ihn bis zu seinem Tod Ende 2011 unbegreiflich.
In seinen letzten Lebensjahren erzählt Hideto Sotobayashi an unzähligen Schulen seine Geschichte. Wegen der Vergangenheit, aber noch mehr wegen der Zukunft. Noch immer lagern über 15.000 atomare Sprengköpfe irgendwo auf der Welt. Trotz des Reaktorunglücks von Fukushima vor vier Jahren, sind noch immer weit über 400 Reaktoren in Kernkraftwerken weltweit in Betrieb.
Hiroshima und Fukushima bilden eine Brücke über die Zeit, unter der Atommüll von Jahrzehnten liegt und Hunderttausende unter sich begräbt. Menschen sind dafür verantwortlich, Menschen können es beenden. Und, um noch einmal Hideto Sotobayashi zu Wort kommen zu lassen: „Es ist dringend.“

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