SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Auf dem Jakobsweg, irgendwo in Spanien. Seit Tagen regnet es ununterbrochen. Im Grau der Wolken erhebt sich ein Kloster, ebenso grau und alt. Ein kleiner, alter Mönch heißt uns freundlich willkommen. Ich pelle mich aus den nassen Klamotten, endlich, und gucke mich um. Der Mönch lädt uns ein, an der Abendmesse teilzunehmen.
Wir folgen der Einladung. Pilger jeglicher Herkunft und Religion, einige offen skeptisch - gibt es Gott? Steht ihnen im Gesicht.
Die Mönche stehen vorne in der Kirche, sie fangen an zu singen, tief, eingehend. Dann  eine Stille, die uns alle erfasst. Gebannt hören wir den Mönchen zu, wie sie singen, wie sie beten. Sie lassen uns teilhaben an ihrem Glauben. Ihr Glaube hüllt uns ein. Diese Männer, die meisten alt und gebeugt, graue Bärte, sie strahlen mit geschlossenen Augen.
Das ist das Besondere des Jakobsweges. Er schenkt dem Pilger diese kleinen Lichtblicke voll religiöser Gefühle. Je mehr der Pilger mit schmerzhaften Blasen an den Füssen beschäftigt ist und mit dem gefühlt immer schwerer werdenden Rucksack, mit Schmutz und Schlafmangel, desto intensiver werden diese besonderen Augenblicke.
Die elementaren Bedürfnisse des Körpers nehmen immer mehr Raum ein.  Und zugleich verändern diese Momente wie Sonnenstrahlen in einem verregneten Himmel, wie Lichtblicke das Leben des Pilgers: ein einfaches Lied, eine unerwartete Begegnung, ein Gebet. Die Bedürfnisse des Köpers verschwinden und die Seele tanzt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20168
weiterlesen...