SWR2 Wort zum Tag

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Es gibt Filme, die man im Leben nicht nur einmal gesehen haben will, sondern immer wieder sehen muss. Warum? Weil sie einen fesseln. Weil sie eine Geschichte zu erzählen haben, die berührt. So ein Film ist für mich „Im Rausch der Tiefe“ von Luc Besson aus dem Jahr 1988 – ein Klassiker.

Der Film erzählt von der merkwürdigen Freundschaft zweier Freitaucher. Ohne Sauerstoffgerät begeben sie sich in waghalsige Meerestiefen hinab. Der Spaß, das Abenteuer wird zum sportlichen Wettkampf und die Freundschaft der beiden zur Rivalität auf Leben und Tod. Ihre Tauchbegeisterung, aber auch die Konkurrenz um Bestwerte zieht sie immer tiefer hinab in einen geheimnisvollen und weithin unzugänglichen Abgrund. Die beiden haben nur noch eines im Sinn: Beim Tauchen die letzten Grenzen zu erreichen. Möglichst tief hinunter zu kommen.

Bei aller Rivalität verbindet die beiden Freitaucher aber ihre Liebe zu den Tiefen des Meeres, in die sie sich rauschhaft stürzen. Nicht das Leben unter Freunden, nicht Beziehungen und Partnerschaften, sondern das Meer ist ihr Zuhause. Im Lauf der Zeit und „im Rausch der Tiefe“ werden sportlicher Erfolg und Ruhm unwichtig. Allein das Eintauchen in die andere, fremde Welt des Meeres hat ihren Reiz. Und sich dann in dieser unendlichen Meerestiefe geborgen und daheim fühlen – davon erzählt dieser Film.

Man muss nicht Taucher sein, um dieser Faszination etwas abzugewinnen. Das Meer ist ein archaisches Sinnbild. Der Ozean ist das, was das Leben auf dem Planeten Erde umschließt. Das Wasser ist das Element, aus dem das Leben stammt. Oft wurde das Meer sogar als Symbol für Gott gebraucht, für seine Schöpferkraft, für sein Geheimnis, seine Tiefe. Die Mystiker zu unterschiedlichen Zeiten haben dies so verstanden und ausgedrückt.

Für mich ist „Im Rausch der Tiefe“ deshalb auch ein religiöser Film: Er erzählt von der Sehnsucht des Menschen, mit demjenigen Element in Kontakt zu kommen, das der Ursprung allen Lebens ist. Und das kann man auf Gott als den letzten Grund des Daseins beziehen. Man muss es nicht, aber man kann.

Gott – so unerschöpflich wie das Meer; Gott als der Ozean des Lebens, auch meines Lebens. In ihn eintauchen, sich in ihn versenken – im Gebet, in der Meditation. Schauen – nicht handeln, eingreifen oder verändern. Nur wahrnehmen und staunen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20149
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