SWR2 Wort zum Tag

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Eine der ältesten Erzählungen der Menschheit ist die Sintflutgeschichte. Es gibt sie in vielen Varianten, über die ganze Welt verstreut. In einigen dieser Geschichten – auch in der biblischen Version – wird ein Unwetter, das gewaltige Überschwemmungen gebracht hat, als Strafgericht Gottes über die gottlosen und moralisch verdorbenen Menschen gedeutet.

Was fangen wir heute damit an? Wo wir doch wissen, wie das Wetter entsteht und wie es funktioniert? Regengüsse, tropische Stürme, Überschwemmungen werden als Klimaphänomene erkannt. Sie entwickeln sich nach eigenen Regeln, die zwar schwer zu durchschauen sind und Prognosen nur sehr begrenzt ermöglichen. Aber an einen strafenden Gott, der sich mittels des Wetters in Spiel bringt, glaubt wohl niemand mehr.

Und doch hat die alte Sintfluterzählung ihre Wahrheit nicht eingebüßt – meine ich. Nach der Erfahrung einer schrecklichen, alles vernichtenden Flut hatte dieses Naturereignis für die Überlebenden eine besondere Bedeutung. Mit der Katastrophe im Rücken empfanden sie das Leben als Geschenk, als Gabe Gottes. Sie wussten die lebensfreundlichen, aber auch die gefährlichen Seiten der Natur einzuschätzen. Mit einem Mal waren ihnen die Augen geöffnet für all das, was Gott in seine Schöpfung hineingelegt hat, damit Mensch und Tier darin leben können. Am Ende der Erzählung von der Sintflut steht ein neuer Anfang: der Regenbogen und Gottes Bund mit den Menschen, die nun versöhnt mit ihm und seiner Schöpfung die Erde bewohnen und bewahren sollen.

Freilich: mit der Katastrophe im Rücken! Tickt so der Mensch, dass er erst und nur aus Schaden klug wird? Oder lässt er sich warnen. Das Klima der Erde ist eine komplexe Angelegenheit. Lange konnte darüber gestritten werden, ob der Mensch mit seinen Industrieabgasen darauf Einfluss nimmt. Man kann auch sagen: die Einsicht davon setzte sich nur zögerlich durch. Inzwischen wissen wir: manche unserer Unwetterkatastrophen sind hausgemacht, vielleicht die Mehrzahl. Jedenfalls kann nur der, der die Augen verschließt, an der Tatsache vorübergehen, dass das Wetter auch deshalb so „verrückt spielt“, weil die moderne Zivilisation es mit ihrem naturfeindlichen Lebensstil derart in den „Wahnsinn getrieben“ hat.

Hier kann uns die alte Sintflutgeschichte – von ihrem Ende her gelesen – hilfreich sein. Sie erinnert uns Menschen an den Platz, den wir in der Schöpfung Gottes haben. Sie will uns zur Umkehr und Veränderung mahnen und bewegen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20147
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