SWR3 Gedanken

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Anwesenheit. Wie schön dieses Wort ist, ist mir erst durch ein Liebesgedicht bewusst geworden. Die drei Teile dieses Wortes machen zusammen seine Schönheit aus. Das „An“ der Anwesenheit steht dafür, dass der Mensch bei mir ist, an mir dran ist. Das „Wesen“ der Anwesenheit weist auf das Innere, den Charakter, das, was den Menschen ausmacht. Und die „Heit“ der Anwesenheit drückt ein gewisses Maß an Dauer aus. Dass der Mensch eine Zeit lang wirklich da ist, präsent ist. Die Anwesenheit eines Menschen ist also ein so schönes wie vollendetes Dasein, bei mir sein, in dem ich spüre, wer er ist. Wer er für sich ist und für mich ist. Oft wird mir das erst richtig klar in seiner Abwesenheit. Wie wenn das Negativ eines Fotos positiv wird, also bunt und klar. Die Abwesenheit eines geliebten Menschen schmerzt, weil da so deutlich spürbar wird, was man an ihm liebt und vermisst, wenn er oder sie nicht da ist. In diesem Zustand entstehen dann schon mal Liebesgedichte. Wie dieses, das der Autor Walter Helmut Fritz  wohl auf ein Paar hin geschrieben hat, das schön länger zusammen ist. Da sagt ein Liebender zu seinem geliebten Menschen: 

Weil du die Tage zu Schiffen machst, die ihre Richtung kennen,
weil dein Körper lachen kann, weil dein Schweigen Stufen hat,
weil ein Jahr die Form deines Gesichts annimmt,
weil ich durch dich verstehe, dass es Anwesenheit gibt, liebe ich Dich!

 

 

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