Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Zwei Hände, die sich festhalten. Manchmal über Stunden. Eine gehört einem unheilbar kranken Menschen. Und eine gehört Lucie Müller, einer ehrenamtlichen Hospizhelferin.

Seit sechs Jahren engagiert sich Lucie Müller für Menschen, denen der Tod bevorsteht. In ihrer Freizeit ist die Frührentnerin für den Hospizverein im Hunsrück unterwegs. Sie fährt in Familien und Pflegeheime, um dort schwer kranke und sterbende Menschen zu begleiten.

Der Tod - ein sensibles Thema. In unserer Gesellschaft oft ein Tabu. Nicht so für Lucie Müller: Sie macht immer wieder die Erfahrung, dass auch die letzten Monate, Wochen und Stunden eine ganz intensive Zeit der Begegnung und des Miteinanders sein können.

Jedes Treffen ist dabei so unterschiedlich wie die Menschen, die Lucie Müller besucht. Mal liest sie aus der Zeitung vor. Mal beten sie gemeinsam. Mal wird geweint. Es gilt dann die Situation einfach nur gemeinsam auszuhalten. Das klingt heftig. Aber für Lucie Müller ist es eine Erfahrung, die sie nicht missen möchte. „Die Menschen sind sehr dankbar und geben mir ganz viel zurück. Und ich bin mit dieser Aufgabe auch persönlich gewachsen und habe mich mit dem Thema Sterben auseinandergesetzt.“

Mit dem Sterben auseinandergesetzt haben sich in der vergangenen Woche auch die Abgeordneten des deutschen Bundestages. In der Debatte um die Sterbehilfe haben sie über alle Parteigrenzen hinweg miteinander gerungen. Einig sind sich alle, dass sie die Hospizarbeit in Deutschland stärken wollen. Ganz unterschiedlich beantworten sie aber die Frage, ob es Ärzten und so genannten Sterbehilfevereinen erlaubt sein soll, Menschen bei der Selbsttötung zu assistieren.

Für Lucie Müller ist das der falsche Weg. Denn hier wird für sie eine Grenze überschritten. “Die Palliativmedizin bietet sehr viele Möglichkeiten, um Schmerzen zu behandeln. Und ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Menschen sich nicht nach dem Tod sehnen, sondern nach Begegnung und einer Hand, die sie hält. Ich befürchte, dass sich Menschen dann auch für den Tod entscheiden, weil sie niemandem zur Last fallen wollen.“

Ich bin dankbar, dass es Menschen wie Lucie Müller gibt. Sie zeigt mir, dass Sterben zum Leben dazugehört und ein Weg ist, den Menschen auch gemeinsam gehen können. Und mit ihr bin ich der Meinung, diesen Weg sollte man nicht von außen verkürzen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20095
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