SWR3 Gedanken

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Michael ist Politiker. Keiner, dessen Gesicht man aus Fernsehtalkshows kennt. Er engagiert sich in der Kommunalpolitik. Kümmert sich vor Ort um Radwege, Spielplätze und Gewerbegebiete. Trotzdem schlagen ihm immer wieder ordinäre Pöbeleien und manchmal auch Hass entgegen, vor allem im Netz. In Emails und Facebook-Kommentaren und fast immer anonym. Vielleicht weil er manchmal Dinge sagt, die irgendwem nicht passen. Vielleicht auch einfach nur, weil er Politiker ist. Einer von „denen da oben“, die gern schon mal als Gangster, Lügner oder was auch immer tituliert werden. Es sei schlimmer geworden in letzter Zeit, sagt nicht nur Michael. Wir haben Angst, hat der Ministerpräsident von Thüringen kürzlich sogar offen bekannt. Angst, dass die Hemmschwelle nicht nur bei den Worten sondern auch bei Taten weiter sinkt.

Ich bin kein Politiker, aber ich wundere mich, wie auch in Internetforen bisweilen diskutiert wird. Oft beleidigend und verletzend, manchmal ordinär. So mancher, der sich anonym glaubt, verliert wohl alle Hemmungen. Wo Menschen zusammenleben, war noch nie nur Streichelzoo. Aber ohne einen Minimalkonsens, wie wir als Menschen miteinander umgehen wollen, funktioniert es einfach nicht. Auch der bleibt ein Mensch, dessen Meinung ich zum Kotzen finde. Irgendwie traurig, wenn das immer öfter die Gerichte klar machen müssen. Michael, der Kommunalpolitiker, ist jedenfalls nicht mehr bereit, alles zu schlucken. Wenn es ihm zu krass wird, landet es bei der Polizei. Allzu hemmungsloses Auskotzen kann dann schon mal richtig teuer werden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20049
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