Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Jetzt ist sie also wieder zu Ende, die Saison. Gestern am Johannis-Tag war Schluss. Schluss mit dem leckeren Spargel. Traditionell geht ja am 24. Juni, den Tag des heiligen Johannes, die Spargelernte zu Ende. Und das find ich richtig schade, denn: Ich mag Spargel wirklich sehr gern. Ich hab ihn in den letzten Wochen oft genossen, mit frischen Kartoffeln und Sauce Hollandaise. Und es wird mir schwer fallen, jetzt wieder fast ein Jahr lang auf ihn zu verzichten. Aber andererseits: Das steigert ja auch die Vorfreude. Nächstes Jahr im Mai werde ich wieder richtig froh sein, wenn es mit dem neuen Spargel losgeht.

Eigentlich, find ich, ist es nicht verkehrt, wenn es Dinge nur zu bestimmten Zeiten im Jahr gibt. Eben, wenn sie Saison haben. Spargel oder Erdbeeren oder auch Salat und Tomaten. Wenn Dinge ihre bestimmte Zeit haben und nicht immer und überall verfügbar sind. Die Natur hat es ja so eingerichtet, dass fast alle Lebensmittel ihre bestimmte Zeit haben. Aber der Mensch tut sich etwas schwer damit, das zu akzeptieren. Wir lassen Erdbeeren und Tomaten das ganze Jahr aus Spanien kommen. Besonders gesund ist das nicht, vor allem für den Klimaschutz und die Schöpfung. Aber manchmal denke ich: auch für den Menschen. Auch der tut sich keinen Gefallen, wenn immer alles erreichbar und verfügbar ist.

Er macht es ja mit sich selber genauso: Immer und überall verfügbar soll der Mensch sein. Es gibt auch beim Menschen kaum noch Zeiten, in denen er mal nicht bereit steht, sonntags, im Urlaub, immer soll er funktionieren und da sein. Genau wie seine Lebensmittel. Immer sind die Handys an, immer kann der Chef anrufen oder immer ist die Oma auf Abruf. Aber eigentlich hat die Natur auch für den Menschen Pausen vorgesehen. Zeiten, in denen er sich ausklinkt und ausruht. Eben: keine Saison hat.

Ich finde: Wir sollten es unserem Essen und auch uns selbst gönnen, dass wir nicht immer zur Verfügung stehen. Einfach mal eine Weile nicht erreichbar sind. Das muss ja nicht gleich fast ein Jahr sein, wie beim Spargel. Beim Menschen reicht manchmal schon eine Stunde oder eine Woche. Aber bei Lebensmittel wie beim Menschen spüren wir dann: Wir können uns und sie nach so einer Pause wieder viel besser genießen.

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