SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Darf die Kirche gleichgeschlechtliche Paare segnen? Diese Diskussion wird zur Zeit wieder in den Kirchen geführt. Ich kann sie nur bedingt nachvollziehen. Auf der einen Seite haben die Vertreter der Kirchen in der Vergangenheit nicht gezögert, Panzer zu segnen. Auch Autos und Motorräder werden gesegnet, hier in Stuttgart sogar ein Einkaufszentrum, das von vielen als Konsumtempel kritisch hinterfragt wird. Ich bin zwar katholisch, aber ich habe meine Schwierigkeiten mit der Vorstellung, dass man Gegenstände segnet, aber Menschen nicht. Die Kirche versteht es heute jedenfalls so, dass der Segen den Personen gilt, nie dem Gegenstand. Den Personen, die den Gegenstand nützen. Der Gegenstand bleibt derselbe, er soll nur zum Nutzen gebraucht werden. Ich weiß nicht, ob viele auch den Gegenstand nach einem Segen anders ansehen. Aber auch mit einem gesegneten Auto muss ich vorsichtig fahren.

Oder um das krasse Beispiel der Segnung von Panzern im Ersten Weltkrieg aufzugreifen: Das bedeutet ja, dass man mit gesegneten Panzern Häuser und Städte vernichtet und Menschen getötet hat. Aber das machen ja nicht die Panzer, sondern die Menschen, die drin sitzen. Und das ist ganz sicher nicht der Sinn eines Segens.

Segnen kommt aus dem Lateinischen und heißt „bezeichnen“. Wenn ich für jemanden um den Segen bitte, dann stelle ich seine Sache unter ein gutes Zeichen: Und das ist mehr ein Auftrag als ein Versprechen. In der Bibel heißt es deshalb: Ein Segen sollst Du sein!

Wenn es um den Segen für Menschen geht, den zum Beispiel ein Brautpaar oder Kinder von ihren Eltern bekommen, dann geht es eher um das, was in der christlichen Religion mit „benedicere“ bezeichnet wird. Gemeint ist: Ich bitte Gott um das Allerbeste für ihn oder sie. ich sage ihm etwas Gutes. Profan mache ich das auch, wenn ich jemandem gratuliere, zum Beispiel am Geburtstag. Aber eines ist beidem gemeinsam: Segnen hat etwas mit Liebe zu tun.

In der Bibel macht sogar Gott es so: In der Schöpfungsgeschichte wird das nämlich beschrieben: Nachdem Gott den Menschen erschaffen hat, schaut er sich die gesamte Schöpfung nochmals an und sagt, dass  sie sehr gut sei. So wie sie ist. Deshalb denke ich: Jeder Mensch ist von Gott gesegnet. Und er soll so leben, dass in er mit seiner Liebe zum Segen für andere wird. Von Leuten, die als Ausnahmen gelten, ist in der Bibel keine Rede.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20020
weiterlesen...