SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Eine Kerze anzünden und an einen Menschen denken - so beginnen wir manchmal die Gottesdienste in unserer Kirche. Am Sonntag, nach dem ein jemand aus unserer Gemeinde beerdigt wurde, nennen wir den Namen des Menschen, der gestorben ist. Und dazu steht eine Konfirmandin oder ein Konfirmand auf, geht nach vorne zum Taufstein, wo die große Osterkerze steht und zündet daran eine Kerze an zur Erinnerung an den oder die Verstorbenen. Dann sind die gewissermaßen noch einmal bei uns im Gottesdienst. Für viele ist das ein sehr schöner Moment, besonders auch für die Angehörigen des Verstorbenen.
Neulich habe ich gestaunt, wie viel unsere Jugendlichen von dem verstanden hatten, was da vor sich geht. Der neue Konfirmandenjahrgang ist am Beginn des Unterrichtsjahres mit mir in der Kirche unterwegs gewesen, damit sie anfangen, sich dort zu Hause zu fühlen. Wir haben alles angeschaut: den Altar, die Kanzel, die bunten Kirchenfenster - und wir haben über unser Kerzenritual gesprochen. Die neuen Konfirmanden sollten das ja nun in Zukunft ausführen. „Was bedeutet es, wenn wir für einen Menschen, der gestorben ist, im Gottesdienst eine Kerze anzünden,“ habe ich gefragt. Einer der Dreizehnjährigen sagte: „Dann ist die Wärme dieses Menschen noch eine Weile da.“ Eine Konfirmandin hatte die Idee: „Sein Lebenslicht leuchtet für uns noch weiter.“ Eine andere hat sich überlegt: „Es tut den Angehörigen gut, dass die anderen aus der Gemeinde von dem Toten etwas erfahren und mitkriegen, dass sie ihn vermissen.“
Ich finde es toll, wie einfühlsam diese jungen Menschen sind und mit welcher Ernsthaftigkeit sie bei der Sache sind. Richtige kleine Seelsorgerinnen und Seelsorger. Sie verstehen, was Trauernden gut tun kann: Eine Kerze anzünden lassen und dabei an den Menschen denken, den man vermisst.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19987
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