Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Kommen wir da lebend rüber? Kommen wir trocken ans andere Ufer?
Diese Frage haben sich vor vielen Jahren die Israeliten gestellt. Sie fanden die Sklaverei in Ägypten unerträglich. Und sind aufgebrochen in das Gelobte Land. So erzählt es die Bibel.
Kommen wir da lebend rüber?
Heute stellen sich diese Frage viele Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa.
Sie sind von zu Hause geflohen in der Hoffnung auf ein besseres Leben.
Die Länder der Europäischen Union gelten ihnen als gelobtes Land.
Ein Ort, an dem keiner sie einsperrt oder verfolgt.
Ein Ort, an dem sie nicht hungern oder ums tägliche Überleben kämpfen müssen.
Europa ist für sie wie ein Land, in dem Milch und Honig fließen.
Aber einfach ist der Weg in die Europäische Union für die Flüchtlinge nicht. Er führt mit Schlepperbanden über das Mittelmeer. Und es gleicht einem Wunder, wenn sie lebend ankommen. Weil wir uns abschotten und uns eingemauert haben.
Die Israeliten aus Ägypten sind auch aufgebrochen in der Hoffnung auf das gelobte Land. Auch sie stehen vor unüberwindbaren Hindernissen. Es ist das Meer, das sie vom rettenden Ufer trennt. Aber das Meer teilt sich auf einmal, wie die Bibel erzählt. Auf wundersame Weise gehen alle durch das Meer und kommen lebend ans andere Ufer. Gott ist es, der uns gerettet hat, sagen die Israeliten. Und diese Erfahrung wird zum Grundstein ihres Glaubens. Sie glauben an den Gott, der sie aus der Sklaverei durch das Meer gerettet hat. Und seitdem ist die Sorge um Fremde und Flüchtlinge für sie der sichtbare Ausdruck ihres Glaubens.
Und wir heute? Wir sind nicht Gott, aber das Wasser des Meeres können wir auch teilen. Unsere Politiker können sich für neue Regelungen im Zuwanderungsgesetz einsetzen. Es gibt Fischer, die mit ihren Booten rausfahren, um Flüchtlinge vor dem Ertrinken zu retten. Manche Menschen haben sich auf private Kosten zu diesem Zweck sogar ein Boot gekauft. Und viele andere spenden Geld, um diese Arbeit zu unterstützen.
Wir können Wunder tun- auf ganz alltägliche Weise, mit Herz und Verstand. Gemeinsam können wir Wunderbares schaffen und Menschenleben retten. Darauf hoffe ich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19948
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