Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Das ist ungerecht!“ Die Kinder streiten mal wieder um den Nachtisch. Und sie haben irgendwie alle recht: „Meine Schale war viel kleiner!“ sagt der  Eine.  „Aber ich hab‘  erst einmal Nachschlag bekommen!“ meint die Tochter. Da kann ich oft nur sagen: „Ganz gerecht geht das einfach nicht!“
Und doch versuche ich es wenigstens, das mit der Gerechtigkeit. Manche Menschen leiden ihr ganzes Leben unter dem, was sie als Kind an Ungerechtigkeit erlebt haben. Da ist immer die Schwester bevorzugt worden, musste nicht helfen. Dort bekam immer der Bruder das beste Stück Kuchen und nachher auch das Geld für die Ausbildung. Für die Anderen hat es nicht gereicht. Ein Mann hat mir erzählt: „In der Schule bin ich immer mit bestraft worden, auch wenn ich nichts getan habe!" Deshalb finde ich es wichtig, dass wir wenigstens versuchen, gerecht zu sein – und dass es Initiativen gibt, die Gerechtigkeit vorantreiben, wie  Amnesty International, Brot für die Welt und viele mehr. Gerechtigkeit im Kleinen und im Großen.
Denn es kann tief sitzen – wenn man immer wieder ungerecht behandelt wird. Da geht es ja um viel mehr als nur um den Nachtisch.  Ungerechtigkeit, das kann an der eigenen Würde kratzen, am Ansehen und Selbstwert.
Gerechtigkeit werden wir auf der Welt nie ganz hinbekommen. Auch ich als Mutter nicht. Trotzdem werde ich weiter versuchen, den Kuchen einigermaßen gerecht aufzuteilen. Und auch mal jemandem zuhören, der davon erzählt, wie er im Leben zu kurz gekommen ist. Und wir können uns dort engagieren, wo Gerechtigkeit in der Öffentlichkeit ein Thema ist.
Mir persönlich hilft das Vertrauen darauf, dass jedenfalls Gott gerecht ist. Dass er uns eine Vorstellung, eine Sehnsucht nach Gerechtigkeit ins Herz gegeben hat. In Jesus hat er das immer wieder deutlich gemacht – schaut auf die, kümmert Euch um die, die immer wieder zu kurz kommen! Gerade deswegen vertraue ich darauf, dass wir im Himmel alle - wie wir es brauchen - mit Würde und Liebe behandelt werden. Weil Gottes Liebe für alle reicht Und bei uns zu Hause? Da kann das auch schon mal ein bisschen gelingen, wie neulich, als einer bei uns am Tisch auch mal gesagt hat:  „ Na gut – Du kannst noch was von mir haben!“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19943
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