SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Was manche Menschen in ihrem Alltag so alles bewältigen! Wie schaffen sie das bloß? Im Beruf immer vorn dran sein, sich ständig neuen Herausforderungen stellen, immer pünktlich, immer adrett und die Familie will ja auch zu ihrem Recht kommen. Besonders, wenn die Kinder noch viel Betreuung brauchen. Oder man sich um Angehörige kümmern muss, die allein nicht zurechtkommen. Und so ein Haushalt mit allem, was dazu gehört ist ja auch nicht ohne. Und die vielen Möglichkeiten für die Freizeit, sofern dann noch welche übrig bleibt!

Bei manchen scheint das ganz gut zu funktionieren, aber nicht wenigen wird das dann doch irgendwann mal alles zu viel, auch wenn sie das in der Öffentlichkeit nicht zugeben.
„Ich bin reif für die Insel“ – hört man schon mal, was heißen soll, ich brauch dringend Urlaub. Aber kann so ein zweiwöchiger Urlaub einen Erschöpfungszustand, der immer öfter kommt und immer stärker wird, wirklich und langfristig auffangen? Ich glaube eher nicht. Selbst wenn ich im Urlaub tatsächlich richtig abschalten kann.

Ich muss schauen, was ich in meinem Alltag ändern kann und dafür kann ich den  Urlaub vielleicht gut nutzen.
Ich bin reif für die Insel, kann ja auch heißen, ich sehe im Moment in meinem Leben keine klare Küstenlinie, vieles ist irgendwie uferlos geworden: zu viele Anforderungen, ich scheine nie richtig fertig zu werden. Es gibt einfach von allem zuviel. 
Auf einer Insel zu sein, bedeutet, ich habe einen gewissen Überblick, ich sehe ganz gut wie ihre Küste verläuft und meine Möglichkeiten dort halten sich in Grenzen.
Ich vermute viele Menschen sehnen sich insgeheim nach einem einfacheren Leben. Aber wir leben nun mal in dieser Zeit der ständigen Veränderung und der unzähligen Möglichkeiten und müssen hier in der Regel zurechtkommen.
Da können uns selbst geschaffene „Inseln im Alltag“ helfen, Zeiten, in denen wir mal nur bei uns selbst sein können, das tun, was uns Freude macht.
Deshalb finde ich Kurzurlaube sehr wichtig. Und sich zu überlegen, was ist mir zu viel, was kann ich lassen, wo muss ich nun wirklich nicht immer auf dem neuesten Stand sein. Und auch wo muss ich mir helfen lassen.
Nicht wenige Menschen verpassen, sich solche Rettungsinseln zu schaffen und werden psychisch krank durch Überforderung. Deshalb muss ich mich selbst schützen. Besonders auch wenn ich älter werde und merke, dass mir manches schwerer fällt.
Zu allen Zeiten haben Menschen solche Inseln gebraucht,
So berichtet schon der Evangelist Markus, dass Jesus nach einem anstrengenden Tag zu seinen Jüngern gesagt haben soll:
„Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind und ruht ein wenig aus.“ Denn sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen, so zahlreich waren die Leute, die kamen und gingen. Sie fuhren also mit einem Boot in eine einsame Gegend, um allein zu sein." (6,30-32)“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19941
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