SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Soziale Netzwerke sind sehr beliebt und ein Riesenerfolg. Facebook und Twitter und wie sie alle heißen. Menschen in aller Welt nutzen sie begeistert. Ich weniger, was aber nicht heißt, dass ich es nicht auch gut finde, wenn Menschen sich ohne viel Aufwand jederzeit informieren und austauschen können. Weltweit.

Damit ich einigermaßen auf dem Laufenden bin, habe ich an einer Veranstaltung zum Thema teilgenommen. Da sind die neuesten Trends vorgestellt worden – zum Beispiel, wie man sich am besten selbst fotografieren kann, in allen möglichen Lebenslagen, um die Fotos – Selfies werden sie genannt - dann mit der gewünschten Wirkung ins Internet zu stellen. Anhand von Beispielen ist uns gezeigt worden, was Menschen so alles bewusst oder unbewusst einer großen Öffentlichkeit zugänglich machen. Manchmal ganz schön bedenkenlos.
Und ich habe mich gefragt, verführt es nicht geradezu, sich in einem ganz bestimmten Licht zu präsentieren? Sich so zu zeigen, wie man gern sein möchte oder wie man sein sollte, um für andere interessant zu sein, um dabei zu sein. Wird dann nicht hin und wieder ein bisschen übertrieben, um zu imponieren? Auch wenn das vielleicht der eigenen Lebenswirklichkeit nicht so unbedingt entspricht? Vieles mehr Schein als Sein ist?

Der Psychiater Hans-Joachim Maatz hat das in seinem Vortrag erläutert. Er hat diesen Trend in unserer Gesellschaft - hin zu mehr Schein als Sein - schon lange beobachtet. Und durchs Internet wird er noch gefördert. Es gibt Menschen, die geradezu zwanghaft alle Trends mitmachen wollen. Ständig an ihrer Selbstdarstellung feilen. Als wäre ihr Leben nur toll, eine einzige Party. Und sie verdrängen dabei, dass sie eigentlich ganz anders sind. Manche können gar nicht mehr wahrnehmen, wie sie wirklich sind. Wollen das nicht. Nicht selten befinden sich Menschen damit in einem permanenten Stresszustand.

Dabei denke ich, gerade junge Leute brauchen Zeit und Gelegenheit, sich selbst kennenzulernen, sich auszuprobieren. Um herauszufinden, was ihnen wirklich wichtig ist. Das funktioniert nicht, wenn sie meinen überall dabei sein zu müssen. Manchmal braucht es Mut, sich von scheinbar äußeren Zwängen zu lösen um authentisch zu sein.
Und das ist wichtig in jedem Alter. Auch wenn man älter geworden ist.

Von Jesus wird berichtet, dass er Menschen geholfen hat, zu sich selbst zu finden, dass er fähig war zu erkennen, welcher Mensch sich hinter der äußeren Erscheinungsform verbirgt. Er hat dann sicher mit ihnen darüber gesprochen und in der Bibel steht, dass er zu ihnen: „Geh nach Hause“, gesagt haben soll, was so viel bedeutet wie, geh in dich, sei du selbst und lebe dein Leben … So bist du von Gott gewollt.

(Sich anders zu geben als man ist – das scheint manchmal notwendig zu sein,  manches leichter zu machen. Wirklich frei und glücklich kann ich nur leben, wenn ich ganz ich selbst sein kann.)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19940
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