Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Ein Schwob wird erscht mit 40 gscheit,“ heißt es in einem Lied.
„Is zwar e bissl spät, awwer besser wie nie,“ würden die Pfälzer sagen. Und ab morgen laden die Schwaben nach Stuttgart ein, zum evangelischen Kirchentag. Motto: damit wir klug werden. Also gscheit.
Wenn ich Nachrichten höre, dass Flüchtlinge im Meer ertrinken, dass Islamisten alte, heilige Stätten zerstören, dass Menschen verhungern und gleichzeitig Lebensmittel vernichtet werden, dann denke ich oft: sind die nicht ganz gscheit? Wie kann man so dumm sein? Aber beim näheren Hinschauen wird mir klar: Die Welt ist kompliziert geworden. Nicht mal Experten sind sich einig, was richtig und falsch ist. Da wären viele gern ein bisschen mehr gescheit oder besser: lebensklug.
… damit wir klug werden. Das Motto des Kirchentages stammt aus einem Psalm. Dort betet die Gemeinde: Unsere Tage lehre uns zählen, Gott, damit wir klug werden.
Der Kirchentag lädt ein zu einem gemeinsamen Erkenntnisweg. Klug werden, oder ein weises Herz gewinnen, kann man auch nicht allein. Da braucht man das Gespräch, eine Gemeinschaft, die von einem guten Geist beseelt ist.
Denn klug werden wir nur, wenn wir etwas an uns rankommen lassen, was gar nicht so angenehm ist. Dass unsere Tage gezählt sind, wie der Psalm sagt. Beim täglichen Schaffen und Machen denkt man ja nicht so dran.
Unser Leben ist begrenzt. Sie und ich, wir sind verletzbar und sterblich. Ich kann nicht alles, deshalb treffe ich manchmal falsche Entscheidungen und mache Fehler. Ich wär so gerne autonom, aber tatsächlich brauche ich jeden Tag so viel, was ich mir weder verdienen, noch machen kann: dass einer ein gutes Wort für mich einlegt, jemand mir liebevoll die Hand auf die Schulter legt oder einfach mal sagt: ich hab dich lieb. Ohne das kann ich nicht leben- und ich könnte wetten, Sie auch nicht.
Aber genau das ist der erste Schritt zum klugwerden: zu unseren Grenzen zu stehen. Und dazu, dass wir aufeinander angewiesen sind. Und auf Gott, der gnädig seine Hand über uns hält. Denn da lässt sich was Gutes draus machen. Schwobe und Pälzer zusammen mit den anderen Volksstämmen. Das wäre gescheit.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19913
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