SWR3 Gedanken

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Wer bin ich? Und wenn ja, wieviel hab ich?
So könnte man auch mal fragen.
Weil das, was unser Lebensgefühl und unsere Identität ausmacht, bei vielen das ist, was sie besitzen und herzeigen können.
Nicht umsonst lockt uns die Werbung mit Sprüchen wie:
„Wohnst du noch oder lebst du schon?“
oder „Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein“
Die haben genau verstanden, dass Einkaufen das Lebensgefühl mit bestimmt.
Dass die Wohnung, die ich habe ebenso wie die Shampoomarke
und das Auto, etwas darüber sagen, wer ich bin
oder als was die anderen mich sehen sollen,
oder: wer ich sein will.
Ich kenne einen Mann, der hat von allem, was man so haben kann fast nichts.
Er hat keine eigene Wohnung, aber ein ziemliches Talent nicht ganz im
Freien zu schlafen, leere Hinterhäuser und offenstehende Garagen
sind so die Plätze in denen er sich einrichtet.
Und er verfügt auch über einen gewissen Besitz, nicht nur das, was in Tüten passt.
Er bekommt es immer mit, wenn irgendwo jemand einen Sperrmüll macht.
Er sammelt Sachen.
Die stellt er dann irgendwo unter, in der Hoffnung, sie zu Geld machen zu können.
Das gelingt meistens nicht.
Aber irgendwie geht es auch mehr noch darum, etwas zu haben.
Weil- nur wer etwas hat, auch jemand ist.
Und wenn er was hat, kann er sich auch um was sorgen.
Wovon soll jemand sonst erzählen, als von den Leuten und den Sachen, um die man sich so sorgt?
Er jedenfalls hat wohl das Gefühl, jemand zu sein, wenn er sich um etwas sorgen kann.
Und kann dann auch mal etwas von den Sachen verschenken
an Leute die noch weniger haben als er oder die zumindest eine neue Wohnung haben.
Der Mann wohnt zwar nicht, aber leben tut er schon,
weil er etwas hat und sich um etwas sorgt.
Jesus sagte: „Sorge nicht für den morgigen Tag,
denn jeder Tag hat seine eigene Plage.“
Jesus hat auch weder gewohnt- also in einer festen Wohnung - noch hat er etwas
gehabt. Und doch hat er gelebt. Und wie!
Wie das gelingt, frag ich mich oft.

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