Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Wer sagt, Gott gibt es nicht, hat schon von ihm gesprochen.“ Dieser Satz des Schriftstellers Martin Walser fiel im April dieses Jahres bei einer Podiumsdiskussion in München. „Wer sagt, Gott gibt es nicht, hat schon von ihm gesprochen.“

Atheisten, also Menschen, die die Existenz Gottes bestreiten, kenne ich kaum. Eher treffe ich auf Menschen, denen Gott gleichgültig ist, gleichgültig geworden ist. Er ist einfach kein Thema mehr.

Für mich ist das anders, nicht nur deshalb, weil ich von Beruf Theologe bin - ein Nachdenker über Gott sozusagen. Sondern weil ich nicht von, sondern mit Gott spreche.

Fast täglich tue ich das, und das tut mir meist gut. Ich sage „Danke“ für das, was mir gelingt, für das, was mir ganz unverhofft geschenkt wird. Ich komme auch mit meinen Bitten zu ihm, Ich bitte Gott, anderen Menschen zur Seite zu stehen, die Schweres vor sich oder hinter sich haben. Eine Freundin hat dieser Tage eine Prognose bekommen, und die Operation steht nun dringend an. Ich weiß, dass Gott nicht alle Bitten erfüllt. Deshalb streite ich auch mit ihm, klage ihn regelrecht an. Und dann gibt es ein Dauer-Thema zwischen Gott und mir: Warum müssen so viele unschuldige Menschen sterben? Warum das Leid, das kein Mensch versteht? Die Nachrichten in den Abendnachrichten sind mitunter nicht mehr auszuhalten. Immer wieder: Warum? Und weiß doch, dass ich in diesem Leben darauf keine Antwort bekommen werde.

„Wer sagt, Gott gibt es nicht, hat schon von ihm gesprochen.“ Martin Walser hat Recht, aber vielleicht ist es viel wichtiger mit ihm als von ihm zu reden. Ich weiß mich in meinem ganzen Leben von ihm getragen. Ich will Gott nicht missen. In den schönen und in den schweren Stunden meines Lebens ist er an meiner Seite.  Wer sagt, dass es Gott nicht gibt, mag dafür Grunde haben. Aber er erfährt meinen energischen Widerspruch. Ich habe doch erst neulich mit ihm gesprochen!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19844
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