SWR2 Wort zum Tag

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Angefangen hat es in einem Kirchenchor, irgendwo in den USA, Anfang der 70er Jahre. Das mit den Post-It-Zetteln. Und das kam so: Arthur Fry hat sich jedes Mal geärgert, wenn die Merkzettel, die er in seine Noten eingeschoben hat, wieder einmal herausgefallen sind. Irgendwie hat er sich dann an einen Klebstoff erinnert, der sich einfach wieder abziehen lässt. Ein Kollege hatte ihn schon vor Jahren erfunden. Der Rest ist eine Erfolgsgeschichte. Und längst profitieren nicht nur Kirchenchöre von diesen Zetteln. 

Die Geschichte der Post-It-Zettel ist das Paradebeispiel für das sogenannte Serendipity-Prinzip. Der Name spielt auf ein altes Märchen an, das in Serendip, dem heutigen Sri Lanka, spielt. In der Wissenschaft geht es beim Serendipity-Prinzip um zufällige, ungeplante Entdeckungen. Entdeckungen also, die Menschen gerade machen, wenn sie nicht auf der Suche nach der Lösung sind.

Ich selber kenne solche Erfahrungen auch. Ich suche nach einem Namen. Oder auch nach dem Ausweg aus einer schwierigen Situation. Und wenn ich die bewusste Suche längst aufgegeben habe, ohne Erfolg, dann fällt mir mit einem Mal der Name ein. Oder ich habe urplötzlich eine Idee, wie es weitergehen könnte. Das ist kein Zufall, sondern hängt mit dem Serendipity-Prinzip zusammen. Unser Gehirn ist dann erfolgreich, wenn es unbeeinflusst suchen kann.

Mir kommt in diesem Zusammenhang immer wieder ein bekannter Vers aus den Psalmen in den Sinn. „Seinen Freunden gibt Gott es im Schlaf“. (Psalm 127,2) Um Phasen der Muße und der Ruhe geht es da. Um eine Auszeit für mein Gehirn. Damit es Gelegenheit hat, die Fülle der Gedanken zu ordnen und Überflüssiges beiseite zu räumen. Dann hat’s womöglich auch der Heilige Geist leichter – und sei’s nur für den kurzen Moment, der in unserer Sprache so schön als Geistesblitz bezeichnet wird. Eine gute Woche vor Pfingsten liegt es nahe, daran zu erinnern. Mut zu machen, dem Geist etwas zuzutrauen! Eine kleine, überraschende Wendung im Leben. Eine neue Aufgabe, die mir jemand zutraut. Die überraschende Entdeckung, dass der neue Nachbar doch gar nicht so nervig ist. Eine weiterführende Sicht auf einen Konflikt, die mir bisher entgangen ist. Kleben sie doch einfach einen dieser gelben Zettel an die Wand. Einfach so. Und warten sie auf den Geistesblitz.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19764
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