SWR2 Wort zum Tag

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Peter, Paul und Mary haben in ihrem bekannten Lied „Puff, the magic dragon“ vom kleinen Jackie Paper gesungen, der mit seinem großen Drachen Puff im Zauberland honah lee spielt, bis er eines Tages nicht mehr zum Strand kommt und Puff einsam zurückbleibt. Ziemlich, romantisch und traurig, typisch 60er Jahre.
Als ich dieses Lied das erste Mal hörte, von einem Jungen aus meiner Gruppe ganz klassisch am Lagerfeuer zur Gitarre gesungen, da habe ich es so verstanden, dass der kleine Junge Jackie Paper gestorben sei und deshalb nicht mehr mit seinem Drachen Puff spielen konnte.
Wahrscheinlich ist eher gemeint, dass Jackie dem Land honah lee seiner Kindheit entwächst und keine Freude mehr daran hat, mit seinem grünen Spielgefährten durchs Meer zu segeln. Wie auch immer - das Lied hat einen melancholischen, einen traurigen Grundton, auch wenn Puff grüne Schuppen weint und das auf den ersten Blick ganz lustig wirkt. Es ist traurig, dass menschliche Beziehungen begrenzt sind - durch den Tod oder dadurch, dass Menschen sich entfremden oder unterschiedliche Lebenswege einschlagen. Diese Begrenztheit menschlicher Verbindungen ist manchmal kaum zu ertragen - daran ändern kann niemand etwas. Drachen leben ewig, kleine Jungs dagegen nicht, sagt das Lied. Man kann daran verzweifeln, man kann die Augen davor verschließen, man kann aber auch die Zeit, die einem im jeweiligen Land honah lee geschenkt ist, miteinander genießen. „Alles hat seine Zeit“, heißt es in der Bibel, eine tiefe Weisheit, die das Lied im Blick auf die Zeit der Kindheit, aber auch im Blick auf unser Leben insgesamt ausspricht. Vielleicht verleiht die Grenze, die uns gezogen ist, der jeweiligen Lebensphase eine eigene, besondere Schönheit. Durch ihre Grenze wird sie zu etwas Besonderem, zu etwas Kostbarem, zu einer Kleinod-Zeit im Leben. Sicher wäre das Land honah lee nicht mehr das, was es für Puff und Jackie war, wenn es als Dauerzustand existieren würde. Wahrscheinlich ist nur das Paradies ewig zu ertragen. Hier auf Erden gibt es Grenzen - für jeden von uns.
Der Junge aus meiner Gruppe hat dies leider nicht ertragen und seinem Leben eine Grenze gesetzt. Aber für mich bleibt das Lied immer mit ihm verbunden und erinnert mich zugleich an die Fähigkeit und die Unfähigkeit von uns Menschen, unser Leben zu leben und zu ertragen, wie es ist: begrenzt, zerbrechlich und schön.
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