SWR3 Gedanken

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Eigentlich suchte der Künstler Joachim Römer am Rhein bei Köln nach Müll für seine künstlerischen Arbeiten. Dabei fand er eine Flaschenpost. Eine zusammengerollte Botschaft auf Papier in einer harmlosen Schnapsflasche. Das war vor fünfzehn Jahren.
Mittlerweile hat Römer über 1400 Botschaften aus dem Rhein gefischt. Nicht nur in Flaschen. Auch in Gläsern, Dosen und Luftballons haben Menschen dem Fluss ihre Botschaften anvertraut. Und Joachim Römer hat daraus eine Installation gefertigt, die derzeit im „Museum am Strom“ in Bingen am Rhein zu sehen ist.
„Tausend und eine Flaschenpost“ heißt die Ausstellung, die Römer als Erzähl-Kunstwerk angelegt hat. Weil jede einzelne Flasche eine Geschichte erzählt. Jemand hat sein Kind verloren und erzählt von seiner Trauer. Jemand anders wünscht sich glühend und vergeblich die Zuneigung eines bestimmten jungen Mannes. Und ein Kind fühlt sich offensichtlich einsam auf einem Campingplatz und sehnt sich nach einem Freund.
Früher wurden bei Schiffsunfällen Botschaften in Flaschen über Bord geworfen. In der Hoffnung, dass irgendjemand die Nachricht aus dem Wasser fischt und Hilfe schickt. Auch Joachim Römers Fundstücke erzählen ganz oft von Menschen, die in gewisser Weise Schiffbruch erlitten haben und ihre Not und ihre Hoffnung in eine Flasche packen. Weil es manchmal gut tut und tröstet, wenn man das, was einem im Innersten bewegt, in Worte fasst und auf die Reise schickt.
Vermutlich klingen deshalb viele Botschaften aus Römers Sammlung wie ein Gebet. Denn auch da packen Menschen, das, was sie im Innersten bewegt, in Worte und schicken sie auf die Reise. Meistens ist der Himmel die Adresse unserer Gebete. Aber irgendwie habe ich so eine Ahnung, dass Gott auch dann für das offen ist, was uns umtreibt, wenn es nun eben in einer Flasche steckt. Oder einem Glas, einer Dose, einem Luftballon.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19740
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