SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Heute ist Christi Himmelfahrt. Und in manchen Gegenden Deutschlands gibt es da einen schönen Brauch. Da wird im Gottesdienst mit einer Seilwinde und gehöriger Muskelkraft eine Christusfigur durch das Kirchenschiff nach oben gezogen. Durch ein Loch in der Decke verschwindet der Holzheiland unter den staunenden Blicken der Gemeinde. Vor allen Dingen der Kinder. Ein kleiner Junge weiß auch ganz genau, was da passiert. Sie tun den Jesus auf den Dachboden, sagt er. Und da wartet er dann bis Weihnachten.
Irgendwie kenne ich die Geschichte anders. Und doch steckt in diesem Kindermund wie so oft ein Körnchen Wahrheit. Nicht nur an Himmelfahrt habe ich manchmal das Gefühl, dass wir den Jesus auf den Dachboden tun. Dahin, wo die Dinge lagern, die man so gut wie nie braucht. Die man nicht wegwerfen will, aber wo man auch nicht so recht weiß, was man im Alltag mit ihnen anfangen soll.
An Himmelfahrt geht es schon darum, dass der auferstandene Jesus verschwindet. Aber nicht auf den Dachboden, sondern nun eben in den Himmel. Um von dort aus sozusagen den Überblick zu haben und auf seine Weise dafür zu sorgen, dass Himmel und Erde sich berühren. Dass Gottes guter Geist in unser Leben hineinwirkt. An jedem Tag unseres Lebens.
Irgendwann wird er wiederkommen, heißt es. Aber nun eben nicht als Säugling an Weihnachten. Das hatten wir schon. Ein für allemal. Wenn er wiederkommt, dann wird die Welt ein ganz anderes Gesicht bekommen, heißt es. Kein Schmerz, kein Leid, keine Tränen mehr. Ein für allemal. Auf diesen Tag lohnt es sich zu warten, glauben Christen und Christinnen. Viel mehr noch als auf Weihnachten.
Auf dem Dachboden des Lebens will Jesus Christus eigentlich nicht vor sich hindümpeln, schätze ich. Denn dort taugt er wirklich nichts für unseren Alltag. Dann lieber so richtig in den Himmel. Damit wir auf Erden etwas davon haben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19738
weiterlesen...