SWR4 Abendgedanken

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Meine Freundin hat ein neues Hobby: Sie gestaltet Scrapbooks. Scrap – was? Haben Sie noch nie gehört? Da geht es ihnen nicht viel anders als mir vor ein paar Wochen.
Scrapbooks sind Fotoalben, bei denen die Fotos mit Aufklebern und anderen Dingen verziert werden. Auch Texte können zu den Bildern geschrieben werden. Sinn dieses Hobbies ist es, sich bei der Auswahl der Fotos auf Weniges zu beschränken und diese dann liebevoll in Szene zu setzen. Deshalb werden nicht nur Fotos, sondern auch Eintrittskarten oder anderes eingeklebt. Somit wird eine Geschichte erzählt und so soll die Erinnerung an bestimmte Momente lebendig gehalten werden.
Ich finde, das ist im Grunde eine tolle Idee. Vor allen Dingen ist es wirklich eine Hilfe. Denn wir Menschen sind nun mal unheimlich vergessliche Lebewesen. Und deshalb brauchen wir Erinnerungshilfen.
Das war schon zu biblischen Zeiten so. Zum Beispiel bei Jakob. Zuerst hatte Jakob auf hinterlistige Art seinen Bruder betrogen, was diesen natürlich ziemlich sauer gemacht hat. So sauer, dass Jakob aus Angst vor der Rache seines Bruders von Zuhause geflohen ist. Eines Nachts hatte Jakob dann einen Traum. Darin ist ihm Gott begegnet. „Hab keine Angst“, hat der gesagt, „ich bin bei Dir“. Und Jakob war unendlich erleichtert und glücklich. So sehr, dass er sich immer an diesen Traum erinnern wollte. Und deshalb hat er einen Stein an der Stelle aufgestellt, an der er Gott begegnet war: Sozusagen einen Gedenkstein. Ein Denk-mal. Jakobs ganz persönliche Erinnerungshilfe.
Jakob hat gewusst: Ohne unsere Erinnerung sind wir im Grunde nicht richtig vollständig. Alles, was wir erleben, wird zu einem Teil unserer Persönlichkeit. Gute Erinnerungen machen zum Beispiel stärker, mutiger – so wie bei Jakob. Oder sie machen einen vorsichtiger und ängstlicher – dann zum Beispiel, wenn wir schwer enttäuscht worden sind.
Fest steht: Erfahrungen prägen das Leben.. Und deshalb ist es wichtig, die Erinnerungen so liebevoll zu pflegen. Zum Beispiel so, wie meine Freundin es in ihren scrapbooks tut. So lernen wir uns selbst ein Stück besser kennen.

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