SWR3 Gedanken

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„Seht die Vögel unter dem Himmel. Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in Scheunen und euer himmlischer Vater ernährt sie doch.“ Sätze aus der Bergpredigt Jesu. Heute, zum Tag der Arbeit. Mal kein Aufruf, Arbeit gerechter zu teilen – so richtig das auch ist – eher ein Zwischenruf.
„Seht die Vögel unter dem Himmel“, die so einfach leben und schweben, „seid ihr nicht viel mehr als sie?“, fragt Jesus. „Warum sorgt ihr euch?“ Tja, warum eigentlich. „Oh bitte, beachten Sie diesen herrlichen Tag“, schreibt ähnlich eine Frau, die allen Grund hatte, sich Sorgen zu machen: Rosa Luxemburg. Als Sozialistin, als Kämpferin für die Arbeiter wird sie verhaftet und später ermordet. 1917 notiert sie im Gefängnis:
„Ich möchte laut über die Mauer rufen: Vergessen Sie nicht, wenn Sie noch so beschäftigt sind ... vergessen Sie nicht, den Kopf zu heben und einen Blick auf diese silbernen Wolken zu werfen und den blauen Ozean, in dem sie schwimmen. Dieser Tag kommt nie wieder! Er ist Ihnen geschenkt wie eine aufgeblühte Blume, die darauf wartet, dass sie sie aufheben und an ihre Lippen drücken.“ 
Wunderbare Worte der Rosa Luxemburg, einer Frau, die sich radikal für die Armen einsetzte. Sie hat, Jüdin, die sie war, den Rabbi Jesus gut verstanden. „Seht die Blume, die Vögel, den Himmel.“ Und vergesst nicht: Das Leben ist mehr als Arbeit und Alltag. Eine gute Aussicht zum 1. Mai.

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