SWR2 Wort zum Tag

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„Ego – das Spiel des Lebens“ – so heißt das letzte Buch des im vergangenen Jahr verstorbenen Publizisten Frank Schirrmacher. Er führt darin aus, wie die globale Ökonomie immer mehr zu einem Spiel mutiert. Die Wirtschaft ist berechenbar geworden, es geht um nackte Zahlenverhältnisse. Wer sie und die Regeln, nach denen sie funktionieren, am besten beherrscht, wird das Spiel gewinnen – auf Kosten anderer und zur Durchsetzung eigener Ziele. „Ego“ eben: „Unterm Strich zähl nur ich!“
Schirrmachers Beobachtungen passen in eine Zeit wilder Börsenspekulationen und des so genannten „Casino-Kapitalismus“. Sie passen in eine Zeit, in der Lebensglück vor allem materiell über Geld und Besitz definiert wird. Und das ist – so originell Schirrmachers Überlegungen sind – keineswegs neu. Leider!
Im Lukasevangelium erzählt Jesus die Geschichte eines reichen Bauern, der raffiniert genug ist, seine Ernteerträge ins Gigantische zu steigern, und dafür immer größere Scheunen bauen lässt. Jesu reicher Kornbauer – auch so ein „Spieler“, der einzig und allein auf Gewinnmaximierung und auf sein Ego setzt.
Zwei Dinge bleiben bei dieser Lebensanschauung jedoch außen vor. Erstens: Gewinne gibt es nie ohne Verluste. Der eine gewinnt, ein anderer verliert. Wer also bezahlt den Reichtum des Kornbauern? Seine Arbeiter, die er ausbeutet? Die Natur, deren Böden ausgelaugt werden?
Und das Zweite: Materieller Besitz hat eine begrenzte Lebensdauer. Der Volksmund sagt: „Das letzte Hemd hat keine Taschen.“ Jesu Gleichnis vom Kornbauern endet mit dessen plötzlichem Tod – trotz voller Scheunen. Der Kornbauer baut Vorratskammern, als könne er sich so das eigene Leben sichern – und Jesus fragt: für welche Zukunft eigentlich?
Hinter Jesu fatalistisch klingendem Gleichnis bricht die alte Frage nach dem Ziel und Zweck menschlichen Lebens auf. Und die ist mit Geld und Zinsen nicht zu beantworten. Was das Leben wirklich reich macht, wird mit Geld nicht erworben: dass ich Liebe erfahre, dass es zum Glück nicht nur mich selbst gibt, sondern ich mich einem anderen Menschen anvertrauen kann. Geschenkt! Ich staune über die Schönheiten der Natur, freue mich an der eigenen Kreativität und über meine Gesundheit. Unbezahlbar! Und ich weiß, dass ich in alledem von Gott getragen bin – das ist wahrer Reichtum.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19607
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