SWR3 Gedanken

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Nichts tun. Sechs Monate lang. So lautet der Arbeitsauftrag, wenn ein neuer Pfarrer in Sri Lanka seinen Dienst in der methodistischen Kirche antritt. Einfach ankommen, sich einrichten, einkaufen gehen, mit den Leuten schwatzen, im Pfarrgarten nach dem Rechten gucken, auf gar keinen Fall arbeiten, sechs Monate lang keine Gottesdienste, keine Bibelkreise, kein Konfirmandenunterricht, keine Besuche, keine Sitzungen.
Das muss man sich mal vorstellen: man ist gerade eingestellt in einem Betrieb und fängt an, da sagt der Chef: „Jetzt machen sie erst einmal sechs Monate lang gar nichts: richten sie sich ihren Arbeitsplatz ein, schwatzen sie mit den Leuten, trinken sie Kaffee, spazieren sie durch die Gänge, hören und fühlen sie, wie der Laden tickt und wie ihr Platz in unserem Unternehmen aussehen könnte.“ Unvorstellbar! Sechs Monate bezahlt werden fürs Nichtstun.
Das machen wir schon anders. Immer mehr, immer schneller, immer mehr Druck und Stress. Ankommen? Zeitverschwendung. Einander zuhören? Kann man auch in zwei Sätzen zusammenfassen. Nichts tun? Undenkbar.
Aber die methodistische Kirche in Sri Lanka macht mit ihrer Methode gute Erfahrungen: „Wir sind immer wieder erstaunt, was der Heilige Geist in dieser Zeit alles tut“.
Vielleicht ist das die Antwort auf unsere Zeit, in der wir alle zu Getriebenen und Burnout zur Berufskrankheit geworden ist: Gottvertrauen. Schlicht und einfach. Gottvertrauen. Es gibt vieles, was ohne unser Zutun wächst. Was man nicht machen kann und uns trotzdem in den Schoß fällt. Gott wird’s richten. Zurücklehnen. Zumindest für sechs Monate.

Dr. Claudia Währisch-Oblau „Nichts tun und auf Gott vertrauen – Sechs Monate als Gemeinde nichts tun? Geht nicht, denkt der Deutsche. Funktioniert doch, leben Christen in Sri Lanka“ in Praxismagazin 3E - echt, evangelisch, engagiert 3/2014

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19592
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