Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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In Oberammergau werden nicht nur Passionsspiele inszeniert, sondern auch andere biblische Themen stehen auf dem Programm. In diesem Jahr geht es um den Propheten Jeremias.
Oberammergau ist bekannt für seine Passionsspiele. Alle zehn Jahre finden sie statt. Aber auch zwischendurch wird eifrig Theater gespielt – meistens Geschichten mit bedeutenden Gestalten der Bibel. Vor Jahren war es ein Stück über den König David. In diesem Sommer hat man einen der großen Propheten des Alten Testamentes auf die Bühne gebracht – Jeremias. Den Text hat Stefan Zweig geschrieben, ein bekannter österreichischer Schriftsteller. 1918 hat er sein Bibeldrama „Jeremias“ veröffentlicht. Die Geschichte spielt etwa 600 Jahre vor Christus. Worum geht’s? Der König von Jerusalem hat sich mit Ägypten gegen den König von Babylon verbündet. Wie im Rausch ziehen sie in den Krieg. Rachsucht, Eitelkeit und Siegesgewissheit treiben sie an. Dabei müssten sie eigentlich wissen: Dieser Krieg ist nicht zu gewinnen. Der Gegner ist viel zu stark. Friedensverhandlungen, die wären jetzt wichtig. Es gibt allerdings nur einen, der in diesem Sinn den Mund aufmacht. Es ist der Prophet Jeremias. Der macht nicht mit bei den Kriegsvorbereitungen. Er weiß: Krieg bedeutet vor allem „geborstene Steine und gebrochene Seelen“. Und er ist davon überzeugt: Der Gott, an den er glaubt, ist ein Gott, der Frieden will – nicht Krieg. Jeremias steht mit seiner Überzeugung allein auf weiter Flur. Er nimmt sogar einiges in Kauf: Mobbing, Erniedrigung, Folter. Aber er bleibt konsequent in seinem Kampf gegen Unvernunft, Kriegstreiberei und den Glauben an einen gottgewollten Krieg. Ich finde: Keine leichte Kost, die in Oberammergau auf der Bühne präsentiert wurde, aber eine, die es in sich hat. Die Botschaft des Propheten Jeremias ist aktuell – damals und heute.

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