SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Die Sterne am Himmel zu sehen. Für mich ist das jedes Mal wie ein Wunder. Erst recht, wenn ich bei klarem Himmel außerhalb der Stadt bin. Dann sind es auf einmal ganz viele. So viele, dass ich sie nicht zählen kann.  

Mit Abraham beginnt der Glaube an einen einzigen Gott. Als er seine entscheidende Gotteserfahrung hat, sitzt er auch unter freiem Himmel. Vielleicht vor seinem Nomadenzelt. Allein, in der Wüste, mit Blick in ein Firmament, das vor Sternen zu platzen scheint. Ich stelle mir das zumindest so vor. Er hat nachgedacht, ein bisschen gegrübelt: darüber, dass er immer noch keine Kinder hat, und wie es wohl weiter geht in der kommenden Zeit. Ein Land, in dem er gut leben kann, und eine neue Heimat hat Gott ihm bereits versprochen. Aber in der Hand hat er nichts. Keinen Vertrag oder einen Garantieschein. Abraham hat sich bestimmt Sorgen gemacht. Schließlich ist er für seine Frau und den Hausstand verantwortlich. Was, wenn das alles nicht stimmt, was er meint von Gott verstanden zu haben? Das ist die Gretchenfrage aller Glaubenden. 

Als Abrahams Gedanken so hin und her schwanken, spricht Gott zu ihm. Er gibt ihm ein Versprechen zu dem, was ihm am meisten Sorge bereitet. Abraham will nicht in eine ungewisse Zukunft gehen. Also braucht er Menschen, die nach ihm kommen. Sie sollen den Weg fortsetzen, den Gott ihm gezeigt hat und den er begonnen hat zu gehen. Und Gott verspricht ihm nicht nur ein (1) Kind, sondern Nachkommen so zahlreich wie die Sterne an Himmel. Ob Abraham das auf Anhieb verstanden hat? Dass Gott mit ihm etwas ganz Großes beginnt, einen neuen Abschnitt in der Menschheitsgeschichte. Dass sich die Welt durch seine Nachkommen verändern wird. 

Wenn ich heute in den Himmel schaue, sehe ich die vielen Sterne. Und ich kenne den Gedanken, der in der Bibel überliefert ist. Den erlaube ich mir, auf mich anzuwenden. Auf mich, und auf Sie, liebe Hörerinnen und Hörer. Wir sind alle Nachkommen Abrahams; ein „Stern“ von den ungezählten, die seit damals das Licht der Welt erblickt haben. Es sind drei Religionen, die mit Abraham begonnen haben: Juden, Christen, Muslime. Ich wünsche mir, dass Gottes Versprechen immer noch gilt: „Sieh doch zum Himmel hinauf und zähl die Sterne, wenn du sie zählen kannst. (…) So zahlreich werden deine Nachkommen sein.“ (Gen 15,5) Denn mit diesen Nachkommen Abrahams, mit den ungezählten glänzenden Sternen, will Gott unsere Welt zum Guten verändern.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19525
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