SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Heute war wieder mal ein Werktag. Der erste normale nach vier freien Tagen. Und das ist schade. Schön wäre es, wenn wir die ganze Woche frei hätten, von Montag bis Samstag, und niemand etwas tun müsste. Also, abgesehen davon, dass das sowieso angenehm wäre, meine ich diese spezielle Woche nach Ostern. Die sollte wegen Ostern ganz frei sein. Eine Woche lang Nichts-Tun oder nur das, auf was ich Lust habe, Faulenzen, in den Tag hinein leben. Vielleicht, dass wir so besser verstehen, was Ostern bedeutet. Denn das Fest hat ganz viel mit Freiheit zu tun. Und ganz grundsätzlich.

Die Christenheit feiert an Ostern, dass Gott den Tod besiegt hat. Das sagt sich so lapidar. Denn die Frage muss erlaubt sein, wer von uns das auch nur ansatzweise ernst nimmt. Der Tod besiegt. Das bedeutet doch so viel wie: Es gibt keinen Tod mehr. Das Sterben hat keine Bedeutung mehr, weil es gar nicht das Aus ist. Das Ende auf dieser Welt markiert keine absolute Grenze, sondern lediglich eine eher unbedeutende Zäsur.

Die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, wenn einer das ernst nimmt, sind ungeheuer. Wenn ich es auf mich übertrage und mit meinen Worten formuliere, heißt das: Es kann mir nichts mehr passieren, egal, was passiert. Ich kann krank werden, und das Alter kann mühsam sein. Das sehe ich ja an vielen Menschen, denen ich begegne. Ich kann eine Sendung vermasseln und eine Freundschaft kann in die Brüche gehen. Das alles und noch viel mehr ändert nichts an der Tatsache: Es ist nichts umsonst. Mein Leben hat einen Wert, eine Bedeutung. Das Ende meiner Zeit auf der Erde ist nicht das Ende. Ich kann völlig beruhigt sein. Wenn ich damit rechne, werde ich anders leben. Die anderen werden es mir anmerken, dass ich von einer besonderen Freiheit bestimmt bin. Denn mit dieser Freiheit halte ich die vielen Kleinigkeiten in Schach, die uns den Tod schon zu Lebzeiten spüren lassen.

Wenn ich das nicht nur mit meinem Verstand begreife, sondern zu einem Teil davon machen will, wie ich schon jetzt lebe, dann brauche ich dafür Zeit und Raum. Die fehlen mir aber oft. Und da käme mir so eine freie Woche nach Ostern gerade recht: um die Freiheit zu spüren, die von Ostern ausgeht.

 

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