SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Karsamstag ist der Tag danach.
Der Tag nach Jesu Kreuzigung und Tod. Ein Tag der Grabesruhe.
Wer ein Unglück erlebt, den Tod eines Menschen beklagen muss, der weiß, wie sich ein Karsamstag anfühlt.  Es ist ein Tag, an dem ich begreifen muss, was da geschehen ist. Schmerz, Leere, das Nichtwahrhabenwollen sind bestimmend. Ich kann nicht glauben, dass der Mensch, der mit mir gelebt hat, nicht mehr leben soll. Es ist ein Tag der Dunkelheit, wo kein Weg, kein Licht sichtbar ist, wo Zeit und Raum wie aufgehoben sind.
So geht es auch den Jüngerinnen und Jünger. Sie sind nach Jesu Kreuzigung verstört und verzweifelt, ohne Hoffnung. Sie fragen sich: wie sollen wir ohne ihn auskommen? Was gibt uns Halt? Wie soll es ohne ihn weitergehen?
Von Jesus hatten die Jünger gehört:  Es ist gut für euch, dass ich gehe. (Joh 16)
Wenn ich um die begrenzte Lebenszeit eines lieben Menschen weiß, will ich nicht hören: Es ist gut, dass ich gehe. Ich bin voller Wehmut, weiß um den Verlust. Es braucht Zeit und Raum, bis ich wieder meine Schritte gehen kann, bis ich meine eigenen Antworten auf die Fragen finde, die mir das Leben stellt.
Jesus sagt diesen Satz seinen Jüngern dennoch. Er ahnt, dass sie nach seinem Tod orientierungslos sein werden. Aber er traut ihnen eigene Wege zu.
Diesen Satz verstehe ich heute so: Freunde. Ihr müsst ohne mich leben. Stellt euch eurem eigenen Leben! Was ich will und was ich für euch in Bewegung gebracht habe, das wisst ihr. Lebt, handelt in meinem Geist! Jesus will seinen Jüngern Hoffnung  geben. Er will sagen: Es gibt ein Morgen. Es wird sich der „verschlossene“ Karsamstag öffnen. Sogar der.
Die Jüngerinnen und Jünger sind nach Ostern diesen Weg gegangen. Sie haben erfahren, dass Jesu Tod nicht das Ende ist, dass das, was er mit ihnen begonnen, was er  gewollt hat, weitergeht. In seinem Geist haben sie weiter gelebt und gehandelt.
Wie kann ich heute von Jesus reden, wie in seinem Geist leben? Vielleicht so: In seinem Sinn reden und leben heißt, in den drängenden Lebensfragen unserer Zeit Partei ergreifen, sich aufmachen, sich bewegen und dahin Licht bringen, wo es dunkel ist. Ohne Hoffnung, dass es in allem Dunkel ein Morgen gibt, ist das Leben an den Karsamstagen nicht denkbar.
Wer könnte atmen ohne Hoffnung sagt die Dichterin Rose Ausländer. An dieser Hoffnung  muss sich ausrichten, wer auf seinem Weg Orientierung haben will.  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19519
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