Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Meine Welt hört jetzt am Gartenzaun auf! Ich kenne Leute, die wünschen sich das.
Nur noch Privatleben. Wenn man sich engagiert hat, in der Gemeinde, im Verein, in der Nachbarschaft. Aber keiner hat es richtig zu schätzen gewusst. Statt Enerkennung nur Grummeln und Kritik. Dabei hat man es ja freiwillig gemacht! Ehrenamtlich.

In dem 3000 Seelen Dorf Tröglitz in Sachsen- Anhalt hat ein ehrenamtlicher Bürgermeister sein Amt hingeschmissen. Das ist schon eine Weile her, bewegt mich aber noch immer. Der Rücktritt passierte, nachdem Neonazis aus der Umgebung viele Wochen gegen die Unterbringung von 40 Flüchtlingen demonstriert hatten. Dann haben sie eine Kundgebung vor dem Haus des Bürgermeisters mit seinen 7 Kindern organisiert. Da hat er hingeschmissen. Der eigentliche Grund für den Rücktritt war aber: Die Kreisverwaltung, ein demokratisch gewähltes Gremium, die Mehrheit der Mitte also, hat es zugelassen, dass eine radikale Minderheit ihn und seine Familie bedroht. Jetzt hat er sich erst mal hinter seinen Gartenzaun zurückgezogen. Und ich frage mich:

Wie ist das mit der Mehrheit in der Mitte? Müssten wir deren Schweigen nicht mehr fürchten als alle Radikalen zusammen? Und wer ist die Mehrheit in der Mitte? Sind das nicht wir- Sie und ich? In Tröglitz wäre es auf Leute wie uns angekommen.

Die Frau des Bürgermeisters hat mir übrigens geschrieben. „Wir sind nicht resigniert oder verzweifelt, dass wir um uns herum keine Unterstützer gefunden haben.“ Schreibt sie. Aber ihre Welt wird trotz der Enttäuschung in Zukunft nicht am Gartenzaun aufhören. Und warum? Sie zitiert einen Psalm. „Wir heben unsere Augen auf zu den Bergen. Woher kommt uns Hilfe? Unsere Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.“

Bisweilen übernimmt Gott höchstpersönlich den Job, denen zu helfen, die unter die Räder gekommen sind.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19512
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