SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„In der Trauer sind wir vereint.“ Das ist für mich die wichtigste Erfahrung der letzten Tage. Das schwere Flugzeugunglück der Germanwings Maschine über Frankreich vereint wildfremde Menschen in ihrer Trauer. In Haltern am See, wo der Tod von 16 Jugendlichen betrauert wird, aber auch in Westerburg im Westerwald werden Kerzen aufgestellt und Blumen niedergelegt. Vier der Absturzopfer kommen von hier. Schweigeminuten auf den Flughäfen, in den Parlamenten, heute morgen um 10:53 h in ganz Rheinland-Pfalz. Es scheint, dass die Welt für einen Moment den Atem anhält, still wird und trauert. Die politischen Debatten um die Eurokrise werden hinten angestellt, der französische und der spanische Präsident und die deutsche Bundeskanzlerin treffen sich am Ort der Absturzstelle in den französischen Alpen, um ihre Anteilnahme zum Ausdruck zu bringen. In den umliegenden Dörfern versuchen die Menschen zu helfen, wo es geht. Da es nicht genug Hotels und Pensionen gibt, bieten Bewohner ihre Häuser als Privatquartiere für trauernde Angehörige an. Eine Französin bringt es auf den Punkt und sagt: „Wir kennen die Angehörigen zwar nicht, aber wir sind mit ihnen vereint.“ Die Trauer vereint die Menschen. Wir Menschen sind fähig zum Mitleiden. Wir können uns in den andern hineinversetzen und sein Schmerz ist uns nicht egal.

In der nächsten Woche ist Karwoche. Die Woche vor Ostern, in der wir Christen an das Leiden und Sterben Jesu Christi erinnern. Nach einer solchen Katastrophe mit so vielen Opfern frage ich mich: „Wo bist Du Gott, warum hast Du das nicht verhindert?“ Eine richtige Antwort auf das Warum habe ich nicht. Aber wenn ich auf den Jesus am Kreuz schaue, weiß ich, wo Gott jetzt ist. Bei den Opfern und ihren Angehörigen und bei jedem, der in diesen Tagen einen Moment innehält, schweigt und eine Kerze anzündet.

 

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