SWR2 Wort zum Tag

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Osterlämmer. Jetzt ist wieder ihre Zeit. Sie stehen beim Bäcker und warten auf Kunden. So ein Osterlamm aus Rührteig: lecker. Das gehört einfach zu Ostern dazu. Und es ist schon lange ein beliebter Osterbrauch, ein Lamm aus Butter, Mehl und Zucker zu essen.

Das Lamm steht für den auferstandenen Jesus. Warum? In der traditionellen Bildersprache wird das Lamm mit Sanftmut, Unschuld, Reinheit verbunden. Mit einer radikalen Wehrlosigkeit. Und so wie das Lamm ‚geschlachtet‘ wird, so wurde auch Jesus hingerichtet – wehrlos und unschuldig.

Aber noch ein anderer Zugang zum Lamm ist gerade heute denkbar. Es geht um das Lamm als Lamm, als Tier. Es geht um die Art und Weise, wie Tiere bei uns behandelt werden. Trotz aller ökologischen Ansätze, trotz Biofleisch und glücklichen Hühnern sind Tiere heute vor allem Produzenten. Produzenten von Fleisch, Eiern oder Milch. Sie sind ein Teil der globalen Wirtschaft und werden als Güter behandelt, als Dinge. Tiere werden in Massen gehalten, versorgt und geschlachtet. Die Folgen dieses industriellen Umgangs: Böden werden verseucht, Tierkrankheiten springen auf den Menschen über, mit Antibiotika verseuchtes Fleisch sorgt dafür, dass Medikamente nicht mehr so gut wirken. Kurz: Wir bezahlen einen hohen Preis für billiges Fleisch. Wir bezahlen mit katastrophalen Auswirkungen auf unsere Umwelt, auf unsere Gesundheit und das Wohlergehen der Tiere.

Wenn Jesus als Lamm dargestellt wird, dann kann ich das alles mitdenken. Dann sehe ich, dass dieser Jesus wie ein Tier seiner Würde beraubt wird, als Ding angesehen wird. Als etwas, mit dem man machen kann, was man will.

Allerdings gibt es einen Unterschied: Dieser Jesus lässt mit sich alles machen. Freiwillig. Ganz anders als das Tier, das nicht Ja oder Nein zu seinem Tod und seinem Leben sagen kann. Jesus hingegen weiß: Seine Botschaft ist anstößig, sein Leben kann Konsequenzen haben. Bis in den Tod. All das weiß ein Tier nicht und kann es sich selbst auch nicht aussuchen. Deshalb brauchen die Tiere uns Menschen, brauchen Menschen, die für alle Lebewesen einstehen, die sich selbst nicht wehren können, die selbst nicht Ja zu dem sagen können, was mit ihnen passiert. Auch daran erinnert das Osterlamm.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19464
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