SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Kinder können richtig laut werden. Schreien. Zu Hause. Auf der Straße. In Parks. Auf Sportplätzen. Stört Sie das? Geht Ihnen das auch manchmal auf die Nerven? Und dann – stellen Sie sich vor - kommt jemand zu ihnen und sagt:
„Das sind bitte schön Lobgesänge, die sich Gott so wünscht!“

Ich weiß nicht, ob das Ihren Ärger über das Geschrei besänftigen kann. Doch genau so hat Jesus einmal auf Kindergeschrei reagiert.
Warum? Was sagt das über seine Sicht auf Kinder aus?

Die Szene steht  im Matthäusevangelium.
Jesus kommt nach Jerusalem. Begeisterung in den Straßen. Viele rufen:
»Hosianna dem Sohn Davids!«
Und die Kinder machen es den Großen nach.
Sie schreien: »Hosianna dem Sohn Davids!«.
Peinlich. Anstößig ist das. Denn das ist eine politische Parole, die besagt:
Jesus soll herrschen – nicht die römischen Besatzer.
Die Vertreter der Ordnung sind beunruhigt.
Sie  erwarten vermutlich, Jesus möge den kleinen Schreihälsen umgehend den Mund verbieten. Doch der antwortet – rätselhaft – mit einem Psalmwort: „Aus dem Mund der Unmündigen und Säuglinge hast du dir – Gott - Lob bereitet.“
Spricht´s -  „und geht zur Stadt hinaus.“

Mir fällt auf: Jesus verbucht die Kinder nicht als seine Unterstützer.
Er sagt nicht: „Die Kleinen haben doch recht. Kinder und Narren sagen halt die Wahrheit.“
Jesus vereinnahmt die Kinder nicht für seine Ziele.

Und noch etwas ist bemerkenswert:
Ein einziges Wort aus dem Psalm ist verändert:
Anstelle von „Macht“ – steht „Lob“.
Im Psalm heißt es: „Aus dem Mund der Unmündigen und Säuglinge hast du dir eine Macht bereitet, Gegner zu besiegen.“
Jesus will auf etwas Anderes hinaus:
Lob hast du dir – Gott – mit diesen Schreihälsen bereitet.

Ich spüre: Es geht hier also auch um die Frage: Wozu sind Kinder da?
Um stärker zu sein als Gegner: In der Machtperspektive heißt es: Wer die Jugend hat, dem gehört die Zukunft.
Oder Kinder als Ziel von Bevölkerungspolitik: Ein starkes Volk braucht viele, viele Kinder.
Oder Kinder als Wirtschaftsfaktor: Kinder als zukünftige Arbeitskräfte oder Rentenzahler.
Alles das kommt bei Jesus nicht in den Blick.
Das mit der Macht lässt er bewusst weg.
Und auf die Kinderschreie antwortet er fast lapidar:
„Aus dem Mund der Unmündigen und Säuglinge hast du dir – Gott - Lob bereitet“ -  

Zweckfrei – ohne dass sie auf irgendeine Weise der Erwachsenenwelt nutzen müssten. Kinder sind einfach da – zum Lob Gottes. Auch wenn sie schreien und nerven.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19430
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