SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Sie gehen doch bald in den Ruhestand“, bekomme ich in letzter Zeit des Öfteren zu hören. Da zucke ich zusammen. So sehe ich die kommende Lebenszeit nicht. „Ruhestand“ finde ich nicht den richtigen Ausdruck. Wenn die Berufszeit zu Ende geht, dann erhält ein Mensch sein Auskommen, ohne noch etwas zusätzlich leisten zu müssen. Aber ich finde: wenn jemand noch Freude und Kraft hat, sich einzubringen, dann sollte er nicht in den Ruhestand treten.
Es gibt viel zu tun!

Wenn zukünftig bei meiner Berufsbezeichnung die beiden Buchstaben stehen „i.R.“, lese ich nicht: im Ruhestand, sondern „in Rente“. Ich kann vom Eingezahlten leben. Ich kann mich aber ehrenamtlich einbringen – in einem anderen Bereich vielleicht. Da wo ich berufstätig war, da sollen ruhig andere Neues versuchen Aber: Es gibt vieles, wofür ich zu wenig Zeit hatte. Jetzt habe ich dafür Zeit.

 „I.R.“ – heißt für mich aber auch „in Reduktion“. Ich darf reduzieren. Ich gebe ab, was ich größtenteils gern gemacht habe. „Du bist zu beneiden“, hat mir ein guter Bekannter gesagt, „Du darfst von der Pflicht zur Kür wechseln.“ Machen, was ich gut kann und gern mache, etwas vom dem machen, was ich schon immer gern machen wollte, darauf freue ich mich. Aber reduzieren eben, auf keinen Fall mit demselben Einsatz weitermachen. Aus dem bisherigen Arbeitsbereich werde ich mich herausnehmen und dem Nachfolger nicht im Weg stehen.

„I.R.“ heißt für mich auch „in Reichweite“. Ich kann befragt werden, klären helfen, unterstützen, wenn ich gebraucht werde. Es ist in Ordnung, dass ich nicht in Reserve gehe und auch nicht in Rufweite. Nein, Reichweite genügt. Erreichbar sein, wenn ich nötig bin.

In Rente, in Reduktion, in Reichweite. Das verbirgt sich für mich hinter den beiden Buchstaben „i.R.“ Ich verbinde das mit viel Dankbarkeit für mein Berufsleben. Ich danke Gott, meinem Schöpfer dass ich gebraucht worden bin und dass ich meinen Arbeitsplatz ausfüllen konnte. Ich bitte ihn um den Segen, noch eine Zeit lang meine Erfahrungen und Begabungen einbringen zu können, mit den Kräften und Möglichkeiten, die Gott mir lässt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19308
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