SWR2 Wort zum Tag

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70 Jahre ist es her, dass die Nationalsozialisten noch kurz vor dem Ende des Krieges führende Persönlichkeiten des Widerstands gegen Hitler ermordet haben.  Sich ihrem Absolutheitsanspruch zu widersetzen, nicht an den Endsieg zu glauben, ja: eine neue politische und gesellschaftliche Ordnung vorzubereiten – das galt als todeswürdiges Verbrechen.

Zu diesen Persönlichkeiten gehörte Eugen Bolz. Er wurde 1881 in Rottenburg am Neckar geboren. Bolz gehörte der Zentrumspartei an, war Justiz- und Innenminister in Württemberg und schließlich von 1928 bis 1933 Staatspräsident von Württemberg. 

Eugen Bolz war aus Leidenschaft christlicher Politiker. „Politik ist nichts anderes als praktisch angewandte Religion“, sagte er einmal. Dabei war Bolz durchaus auch Realpolitiker, der sehr wohl wusste, dass ethische oder religiöse Prinzipien sich vor den Realitäten bewähren mussten. „Nicht das, was sein sollte“, sei die große Frage, sondern: „Was ist politisch möglich und erreichbar, und wie ist es möglich, auf welchen Wegen ist es zu erreichen.“ Die in katholischen Kirchenkreisen damals durchaus verbreitete Haltung, sich aus der Politik herauszuhalten und in die religiöse Innerlichkeit zurückzuziehen, lehnte er entschieden ab. „Ist man nur dazu da, dass man in die Kirche läuft und in der Familie sein Christentum pflegt, oder ist es nicht Pflicht, das, was man als Weltanschauung bezeichnet, auf die Lösung der öffentlichen Fragen zu übertragen?“ 

Bolz hielt den Nationalsozialismus zunächst für eine vorübergehende Episode. Aber bald sagt er: „Bei offensichtlichem und dauerndem Missbrauch der Staatsgewalt besteht ein Notwehrrecht des Volkes.“ Den totalen Zugriff des Staates auf das Denken und Handeln der Menschen lehnte er radikal ab. Die Freiheit des Gewissens war für ihn unantastbar.  Im Winter 1941/1942 kam Bolz mit Carl Goerdeler in Kontakt, dem ehemaligen Oberbürgermeister von Leipzig und einem der führenden Köpfe des Widerstands. Bolz erklärte sich bereit, nach dem Krieg in einem neuen Staat ein Ministeramt zu übernehmen. Wie gefährlich dies war, wusste er sehr wohl: „Und wenn ich umkomme, mein Leben ist nichts, wenn es um Deutschland geht“, sagte er.

Am 12. August 1944 wurde Eugen Bolz verhaftet. Nach Verhören und Folterungen verurteilte ihn der Volksgerichtshof unter Roland Freisler am 21. Dezember zum Tod und erklärte ihn, den „Knecht der Kriegsfeinde“, als „für immer ehrlos“. Am 23. Januar 1945 wird er in Berlin-Plötzensee enthauptet. Er habe sich „demütig in Gottes Willen ergeben“,  berichten seine Frau und seine Tochter, die ihm kurz zuvor noch das Abendmahl in die Todeszelle bringen konnten. „Vielleicht gebe ihm Gott später nicht mehr die Möglichkeit, so wohlvorbereitet zu sterben“, habe er gesagt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19284
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