SWR2 Wort zum Tag

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„Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns?“ An diesem Pauluswort freue er sich jetzt besonders, schreibt der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer aus seiner Berliner Gefängniszelle an seinen Freund Eberhard Bethge. Tags zuvor war das Attentat auf Adolf Hitler gescheitert. Bonhoeffer musste davon ausgehen, dass er seine Verbindung zu den Männern des Widerstands mit dem Leben würde bezahlen müssen.

Noch im Frühjahr 1945 haben die nationalsozialistischen Machthaber Persönlichkeiten hingerichtet, deren geistige und moralische Größe sie nicht brechen konnten – unter ihnen Dietrich Bonhoeffer.

Dem jungen Theologen, der bereits als 21-Jähriger Doktor der Theologie und mit 23 Jahren Professor wurde, stand eine aussichtsreiche akademische Laufbahn offen. Sein Weg führte ihn stattdessen zur Bekennenden Kirche, die im ausdrücklichen Widerspruch zum Nationalsozialismus stand. Später schloss er sich dem politischen Widerstand an. Am 5. April 1943 wurde der 37-Jährige verhaftet und nach zwei Jahren, am 9. April 1945, im KZ Flossenbürg ermordet. Es entsprach für ihn seinem Glauben und seiner Theologie, dass er politisch tätig war und auch die persönlichen Konsequenzen bejahte.  „Ich glaube“, schreibt er, „dass Gott aus allem, auch dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will.“ Dafür brauche er Menschen, die das Beste in allem sehen und aufgreifen. „Ich glaube, dass Gott … auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet“, so Bonhoeffer.

Ein solcher Glaube ist keine Idylle; er ist harte Bewährungsprobe. „Erst in der vollen Diesseitigkeit des Lebens“ lerne man glauben, ist Dietrich Bonhoeffer überzeugt. Wie kann ich glauben in einer Welt, in der alles so aussieht, als gäbe es keinen Gott? Wie kann ich mich einem Du anvertrauen, das sich vor den Schreien der Menschen verbirgt? 

Im Angesicht des Todes steht Bonhoeffer zwischen Angst und Vertrauen. „Wer bin ich?“, fragt er in einem Gedicht, das im Gefängnis entsteht. „Einsames Fragen treibt mit mir Spott.“ Aber dann kann er trotz aller inneren Zerrissenheit doch sagen: „Wer ich auch bin, Du kennst mich. Dein bin ich, o Gott.“ In dieser Gewissheit bekennt er: „Ich glaube, dass mir nichts Sinnloses widerfährt und dass es für uns alle gut ist so, auch wenn es unseren Wünschen zuwiderläuft.“ Dietrich Bonhoeffer ist keine 40 Jahre alt geworden. In seinen persönlichen Notizen in der Haft schreibt er: „Auf dem Weg zur Freiheit ist der Tod das höchste Fest.“ Welch eine Zuversicht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19283
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