SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Nein, ich war nicht Charlie, auch nicht Ahmed oder sonst wer. Ich bin einfach ich geblieben. Verstehen kann ich die Leute dennoch, die sich im letzten Monat „Je suis Charlie“ aufs T-Shirt gedruckt haben. Die sich so solidarisch erklären wollten mit den Opfern von Paris. Die allen durchgeknallten Spinnern mit kruden Phantasien deutlich machen wollten, dass sie an uns allen scheitern werden. Trotzdem. Wenn ich sage, ich bin der und der, dann ist das für mich nicht ohne Konsequenzen. Entweder es ist so dahin gesagt, weil es gerade alle tun. Doch dann wäre es nicht wirklich ernst zu nehmen. Oder aber es ist ernst gemeint, als absolute Solidarität also mit allen Konsequenzen. Die aber wollte und konnte ich nicht mitgehen. Nicht aus Sorge vor durchgeknallten Spinnern, sondern weil ich einfach nicht mit allem solidarisch bin, was die Leute von Charlie Hebdo so machen. Weil ich finde, dass Satire zwar alles darf, aber deswegen nicht auch alles machen muss. Dass ich aus Rücksicht auf die Gefühle anderer sehr wohl auch etwas lassen kann, obwohl ich es darf. Auch das ist Ausdruck von Freiheit. Natürlich geben gekränkte Gefühle niemand das geringste Recht, mit Gewalt darauf zu reagieren. Nie und unter keinen Umständen.

Doch vor allem entbindet mich ein öffentliches „Ich-bin-der-und-der“ nicht von einer Antwort, wer ich denn eigentlich selber sein will. Ich zum Beispiel bin unter anderem auch Christ und habe genug damit zu tun, das nur halbwegs überzeugend zu leben. Zum Christsein gehört nämlich eine Menge, mit dem man ebenfalls mächtig anecken kann. Für mich unter anderem die Ehrlichkeit. Offensichtliche Missstände und Heuchelei zum Beispiel auch als solche zu benennen. Egal, wo sie geschehen. Doch es gehört eben auch dazu, nicht auf Dingen herum zu treten, die Anderen heilig sind. Die Unterscheidung mag manchmal eine Gratwanderung sein. Für mich aber eine, die  notwendig ist.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19280
weiterlesen...