SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Schon als Kind habe ich oft Angst vor dem Tod gehabt. Plötzlich kam der Gedanke, dass meine Eltern oder mein Bruder sterben könnten oder auch daran, dass ich selber sterben muss und nicht weiß, was danach kommt.

Diese Angst hab ich nur noch ab und zu. Vielleicht, weil mein Alltag voller geworden ist und ich diese Angst einfacher verdrängen kann. Vielleicht aber auch, weil ich schon viel Schönes erlebt habe und mein Leben bewusst genieße. Genauso wenig wie ich Fehler, die ich gemacht habe, rückgängig machen kann, genauso gehört ja auch das Gute und Schöne, das ich erlebt habe, unverrückbar zu meinem Leben. Das wird sich nie ändern. Selbst wenn ich nicht mehr bin.

Wenn diese Angst vor dem Tod aber manchmal doch kommt, habe ich einen Weg gefunden, der mich dabei tröstet und mir Mut macht. Es sind zwei Bilder, an die ich dann denken kann:

Das eine besteht nur aus einem Buchtitel: „Die Welle ist das Meer“. Wenn ich am Meer oder an einem Strand sitze, kann ich beobachten, wie Wellen entstehen, sich auftürmen bis sie brechen und sich wieder im Meer verlieren. Wie das Leben, wo vieles entsteht, wo ich meine Fähigkeiten entwickelt habe und vom Kind zum Erwachsenen geworden bin. Zum Wachstum nicht nur von Wellen gehört aber auch das Vergehen. Womit ich wieder an der Grenze des Todes bin. Und da hilft mir ein zweiter Gedanke:

Es ist ein Gedanke, auf den mich der Tübinger Theologe Hans Küng gebracht hat. Er hat sich viel mit dem Sterben und dem Tod beschäftigt. Inzwischen ist er selbst schon in einem sehr hohen Alter und sieht ganz bewusst dem Tod entgegen. Sein neues Buch heißt „Glücklich sterben“. Darin sagt er, dass er sich Sterben wie eine „Heimkehr nach innen“ vorstellt. Was mir daran besonders gefällt, ist dass er als Theologe nicht zuerst vom Glauben aus denkt, sondern von dem ausgeht, was Hirnforscher herausgefunden haben. Die können zwar auch nicht über den Tod hinausschauen, aber sie können etwas darüber sagen, wie sie sich das Ich vorstellen: Für sie ist es ein System von Vernetzungen von Nervenbahnen und mehreren Schaltzentralen. Aber die eine zentrale Schaltzentrale haben sie noch nicht gefunden. Küng stellt sie sich trotzdem vor, als einen inneren Kern im Menschen. Wie einen Ort, der geheim und unbekannt ist, jenseits von Raum und Zeit. Für mich ist das ein, wenn nicht der Ort, an dem ich Gott finden kann. Da, wo sich das Zentrum meiner Person befindet. Und gerade dort sehe ich mich mit Gott verbunden. In diesem Leben, wie auch im anderen…

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19275
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