SWR3 Gedanken

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Heute ist Ausnahmezustand. Jedenfalls in meiner Stadt Mainz. Die Geschäfte in der Innenstadt haben ihre Schaufenster mit Brettern vernagelt und die Polizei hat Straßensperren gebaut.
Heute ist Rosenmontag und ab 11Uhr zieht der Umzug durch die Stadt. Die sich in eine einzige Fanmeile verwandelt hat. Oberstufenschüler feiern an einer Kurve ihr alljährliches „all- you- can-drink“, Mütter tanzen mit ihren Kleinkindern auf der Straße, wildfremde Menschen liegen sich in den Armen, singen und prosten sich zu. Mit und ohne Alkohol.
Dabei war der Rosenmontag wahrscheinlich ursprünglich – so ganz genau weiß man das nicht- eine ernste kirchliche Veranstaltung. Er lag mitten in der Fastenzeit, und zwar nach dem berühmten Rosen-Sonntag. An dem Tag hat der Papst traditionell eine goldene Rose geweiht, um sie dem anständigsten und tugendsamsten Menschen zu überreichen. Und am Tag darauf, am Rosen-Montag also, kam das Komitee zusammen, um den Karneval im nächsten Jahr in „geordnete Bahnen“ zu lenken. Also ohne Satire auf die Mächtigen und ohne das „all you can drink“. Was sich bis heute offensichtlich nicht durchgesetzt hat.
Wenn ich all die ausgelassenen Leute sehe, die heute in der Stadt unterwegs sind, dann muss ich an den Propheten Jesaja denken. Und einen Satz, den er vor fast 3000 Jahren aufgeschrieben und seinem Volk ans Herz gelegt hat. Dass man sich nämlich freuen und das Leben genießen soll. Dazu braucht man nicht mal Alkohol. Das geht auch so. Weil so eine Freude ein Vorgeschmack auf den Himmel ist.  Jesaja schreibt:
„Jubelt in der Stadt, alle, die ihr sie liebt. Seid fröhlich mit ihr, alle, die ihr über sie traurig wart. Saugt euch satt an ihrer tröstenden Brust, trinkt und labt euch an ihrem mütterlichen Reichtum!“  (Jes.66, 11)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19256
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