SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Ach komm. Das ist doch vergeben und vergessen. Diesen Ausdruck kennt wahrscheinlich jeder. Vergeben und vergessen. Dann ist endlich erledigt, was war.
Meistens ist es eher blöd, etwas zu vergessen. Der Schlüssel, der zu Hause liegt. Der Hochzeitstag oder der wichtige Termin mit dem Chef.
Aber manchmal ist es auch ein Segen, wenn man was vergessen kann. Vor allem dann, wenn es um Verletzungen geht. Also Erinnerungen, die mich schmerzlich daran erinnern, dass ich was falsch gemacht habe. Oder, dass mich einfach jemand mies behandelt hat.
Ich glaube wir Menschen müssen vergessen. Wenn ich immer alles, was mich beschäftigt hat und was mich beschäftigt, mit mir herumtrage, dann platzt irgendwann mein Kopf.
Vor allem das Miteinander von zwei Menschen endet in einer Sackgasse. Wenn ich nicht vergeben und vergessen kann.
Vergeben und vergessen: Der Ausdruck erinnert aber auch daran: um etwas wirklich vergessen zu können, muss es auch vergeben sein.
Einer, der das selber erfahren hat, ist Petrus. Petrus war einer der engsten Freunde von Jesus. Überall hin wollte er ihm folgen. Und alles für ihn tun. Und was war am Ende? Da hat er sogar abgestritten, dass er diesen Jesus überhaupt kennt. Für Jesus eigentlich Grund genug, mit diesem Menschen nichts mehr zu tun haben zu wollen. Aber was macht Jesus? Er vergibt und vergisst, was war. Es spielt keine Rolle mehr. Die Geschichte kann weiter gehen. Und Petrus bekommt sogar eine ganz besondere Aufgabe.[1] Er soll das weiterführen, was Jesus angefangen hat. Was war ist vergeben und vergessen. Es kann weiter gehen.
Wer das einmal in seinem eigenen Leben erlebt hat, weiß wie befreiend dieses Gefühl sein kann. Der weiß, wieviel Kraft und Mut Vergebung frei setzen kann. Vergessen und Vergeben schafft Platz für Neues. Ich kann wieder neue Erfahrungen machen. Und es hebt vielleicht auch das Miteinander von zwei Menschen auf eine neue Ebene.
Den Schlüssel zu vergessen ist blöd. Aber Vergeben und vergessen zu können ist etwas Wunderbares. Wir sind alle nicht unfehlbar. Und ich glaube: Nur so wird Leben möglich.


[1] Johannes 21,15.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19245
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