SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Es gibt beides im Leben, Festzeiten und Fastenzeiten.
An Fasnet, Fasching, Karneval ist das Feste-Feiern dran. Mögen alle, die daran Spaß haben, es genießen! Denn wenn man die Festzeiten versäumt, kann man auch die Fastenzeiten nicht wahrnehmen. Beides hat seine Zeit im Leben.
Wie schade, wenn sich Menschen die Zeiten des Festes und des Glücks mit Unkenrufen verdunkeln oder abergläubisch beschweren: Sie reden sich ein, dass soviel Glück doch gewiss einen umso tieferen Fall mit sich bringen müsse. Oder sie sagen, das alles sei unverdient und fühlen sich zu unrecht mit Glück beschenkt. Manche meinen, man müsse wenigstens ein bisschen an etwas leiden, damit das Glück nicht ganz so ungetrübt und darum nicht ganz so anfällig für Zerstörungen ist.
Aber ist das nicht undankbar? Gott beschenkt uns mit Zeiten des Glücks. Wir sollen diese Zeiten nicht trüben. Wir sollen dieses Geschenk nicht missachten. Und nicht missgönnen. Warum kann man es nicht so stehen lassen? Jetzt sind Freude und Fest dran, ohne dass man das Schwierige vorwegnehmen oder sich die Festfreude vergällen muss mit dem, was hinter her kommen könnte. Wer sich mit solchen Gedanken quält, macht sich und anderen die Freude am Leben kaputt.
Die Zeiten der Freude und des Glücks und die Zeiten, in denen ein Fasten, in denen Einschränkung und Verzicht nötig sind, geben sich die Hand, sie wechseln sich ab, sie gehen ineinander über. Aber jedes braucht seine eigene Zeit: die Feste und das Fasten.
Gewiss, es gibt auch eine oberflächliche und vordergründige Genusssucht, die sich einredet: „Dieser Tag ist der erste vom Rest deines Lebens, also genieße ihn bedenkenlos“. Wer immer nur genießen will, gaukelt sich vor, er, sie könne ohne Fastenzeiten, ohne Einschränkungen oder Verzicht durchs Leben kommen. Aber das funktioniert nicht.
Teresa von Avila, einer Karmeliternonne aus dem spanischen Avila, geboren vor 500 Jahren (1515), einer hoch geschätzten Kirchenlehrerin des späten Mittelalters, kann man gewiss nicht nachsagen, sie sei zu leichtfertig mit dem kirchlichen Fastengebot umgegangen. Aus heutiger Perspektive würde ich sagen: Sie war schrecklich streng mit sich und anderen. Aber sie besaß wohl die Gabe der Unterscheidung und die Freiheit des Geistes, das zu tun, denn von ihr ist der Ausspruch überliefert: „Wenn Rebhuhn, dann Rebhuhn – wenn Fasten, dann Fasten!“
Die Gabe der Unterscheidung beider Zeiten hilft zum Leben: zum fröhlichen Festefeiern und zum erneuernden Fasten. In diesem Sinne: Heute dieses und morgen dann das andere.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19239
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