SWR3 Gedanken

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„God is in the details“, das soll der Architekt Mies van der Rohe gesagt haben, Gott ist in den Details, dieser Satz hat mich gleich gepackt. Weil er das Gegenteil eines viel bekannteren Satzes ist, dem, dass doch der Teufel im Detail stecken würde. Nein, Gott also, sagt der Architekt, steckt in den Details. Und es ist ja auch kein Wunder, wenn ein Architekt das sagt. Muss er doch genau sein, auf die Einzelheiten und Kleinigkeiten achten, wenn er ein Haus baut. Da sehe ich das sprichwörtliche Kartenhaus vor mir: wenn auch nur eine Karte nicht sicher steht, dann fällt es in sich zusammen. Bei der Wichtigkeit von Details hat Mies van der Rohe aber auch an die Ästhetik, an das Aussehen gedacht. Gerade auch da muss das Verhältnis vom Ganzen und Einzelteilen stimmen. Damit es gut funktioniert und gut aussieht. „God is in the details“ – das stimmt für mich auch, wenn ich an die Natur denke. Nicht umsonst haben die Physiker das kleinste Teilchen, das sie entdeckt haben, Gottesteilchen genannt. Oder wenn man sich eine Schneeflocke unter dem Mikroskop anschaut. Wie göttlich schön ist dieses Kristall doch im Detail. „God is in the details“ gilt für mich auch zwischen den Menschen. Überall dort, wo genau und verantwortlich gehandelt wird. Ein Arzt, hochkonzentriert, genau und gewissenhaft bei der Operation. Eine Therapeutin, die genau hinhorcht, nicht nur auf das, was ein Mensch sagt, sondern auch auf das wie, auf die Zwischentöne. Oder ein Stuckateur, der mit Können und Liebe zum Detail eine gerade Linie mit dem Pinsel zieht. Und nicht zuletzt liebende Menschen wissen wie schön und wie wohltuend Details sind.   Eine Blume auf dem Tisch, mitten im Alltag. Das kleine Stück Schokolade auf der Vesperbox oder das wissende Lächeln bei Dingen, die nur die Menschen wissen können, die sich lange lieben. 

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